Kritik an spanischer Davis-Cup-Trainerin: Machismo alter Prägung
Gala León soll als erste Frau Spaniens Männer-Tennis-Team trainieren. Von Spielerseite hagelt es nun unsachliche und sexistische Kritik.
MADRID taz | Spaniens Tenniswelt steht kopf. „Eine Provokation“, „seltsam“, „eine voreilige Entscheidung“, schimpfen Spieler und Manager über den Beschluss des spanischen Tennisverbandes (RFET), mit Gala León erstmals eine Frau zur Kapitänin des David-Cup-Teams zu ernennen.
Sie ersetzt den zurückgetretenen bisherigen Trainer und ehemaligen Starspieler Carlos Moyá. Der Mallorquiner hatte sein Amt niedergelegt, nachdem Spanien ohne seine Weltklassespieler wie Rafael Nadal oder David Ferrer erstmals seit 19 Jahren aus der Weltgruppe abgestiegen war.
Allen voran empörte sich der Onkel und Trainer des Tennisstars Rafa Nadal, Toni Nadal, und vergriff sich dabei heftig im Ton. „Es ist seltsam, dass es eine Frau ist. (…) Mir gefallen die einfachen Dinge, und ich glaube, am einfachsten wäre es gewesen, wenn es ein Mann geworden wäre“, erklärte er gegenüber dem staatlichen Rundfunk RNE. „Das kann zu logistischen Schwierigkeiten führen, wenn du viel Zeit leicht bekleidet in der Umkleidekabine verbringst“, führte er als Begründung an. Jetzt muss er sich Frauenfeindlichkeit und Machismo vorhalten lassen.
Toni Nadal findet Unterstützung im spanischen Tenniszirkus. „Wenn immer möglich, muss es ein Mann sein“, erklärt auch Fernando Verdasco – Nummer 14 in der derzeitigen Weltrangliste. „Entscheidungen müssen gut durchdacht werden“, sagt Ex-Spieler Alberto Berasategui. Und für Tomás Carbonell, der einst selbst dem Davis-Cup-Team angehörte, ist die Ernennung Leóns schlicht „eine Provokation“.
„Die wollen uns wohl verarschen“
Die spanische Presse zitiert mehrere aktive Spieler, ohne Angabe von Namen: „Ich kann einfach nur lachen. Ich kann das nicht verstehen“, soll einer gesagt haben. „Das ist traurig, die wollen uns wohl verarschen“, ein anderer. „Es ist Selbstmord, in dieser Situation den Posten anzunehmen“, warnt Carbonell die neue Kapitänin.
Gala León ist keine Unbekannte im spanischen Sport. Die 40-Jährige, die bisher Sportdirektorin im Tennisverband war, gewann in ihrer aktiven Zeit zweimal die spanische Tennismeisterschaft und brachte es bis auf Platz 27 der Weltrangliste. Nach ihrem Karriereende trainierte sie mehrere Nachwuchsspielerinnen, unter anderen die Russin Jekaterina Makarowa. Den Kritikern um Toni Nadal ist das zu wenig. „Sie kennt das Männertennis nicht. Und sie kennt die Spieler nicht“, hält er León vor.
Rafael Nadal, Neffe und Zögling von Toni Nadal, hat sich bisher zu den Aussagen seines Onkels nicht geäußert. Nur ein Spieler zeigt sich erfreut über die Ernennung Leóns, allerdings ist er kein Spanier. „Glückwünsche für Gala León, die erste Frau als Kapitän des spanischen Davis-Cup-Teams. Hoffentlich ist sie die Erste von vielen“, schreibt Andy Murray auf Twitter. Der britische Tennisspieler wird – undenkbar für seine spanischen Kollegen – von einer Frau trainiert.
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„Es ist nichts darüber bekannt, dass es in den 20 Jahren, in denen ein Mann dem weiblichen Team des Fed Cups vorstand, Probleme mit den Handtüchern im Umkleideraum gab“, erklärte eine Moderatorin des Morgenprogramms im spanischen Privatrundfunk Cadena Ser, Pepa Bueno. Sie zählte eine lange Liste von Männern auf, die Frauenteams betreuen. Und auch für die Vorsitzende der staatlichen spanischen Sportbehörde (CSD), Ana Muñoz, ist die Ernennung Leóns „eine gute Nachricht für alle Frauen, die sich dem Sport widmen“.
Auch bei den spanischen Parteien stößt die Aufregung um León auf Unverständnis. Der Fraktionssprecher der konservativen Regierungspartei Partido Popular, Alfonso Alonso, bezichtigt Nadal „sehr alter Vorurteile, die es so nicht mehr geben dürfte“. Und selbst für einen Sprecher der katholischen Baskisch-Nationalistischen Partei ist Nadals Verhalten einfach nur „lächerlich“.
Die Betroffene Gala León selbst hält sich mit Erklärungen weitgehend zurück. „Ich werde anklopfen, bevor ich den Umkleideraum betrete“, reagierte sie auf Nadals logistische Bedenken.
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