Kritik an deutscher Fischereipolitik: Ministerin für laxe Kontrollen
Die deutsche Fischereiministerin Julia Klöckner setzt sich bei der Reform der EU-Fischereikontrollen für schwache Regeln ein, kritisiert der WWF.
Ministerin Julia Klöckner (CDU) will sich auf der Sitzung des Ministerrats für eher laxe Kontrollen einsetzen. Beispielsweise will sie nur sehr großen Fischkuttern, die länger als 24 Meter sind und ein hohes Risiko für illegale Rückwürfe haben, eine elektronische Fernüberwachung per Videokamera und Sensoren an Bord vorschreiben. „Mit dem Einsatz von Kameras sind nicht unerhebliche Eingriffe in die Grundrechte der Fischer verbunden“, sagt eine Sprecherin des BMEL, „daher sollte er vor allem für die Fälle vorgesehen sein, in denen andere Maßnahmen keine effektive Kontrolle bieten.“ Zudem sei er nur für bestimmte Flottensegmente angemessen, insbesondere bei kleinen Fahrzeugen dürfte der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in der Regel nicht gewahrt sein.
„Damit wären mehr als 96 Prozent der europäischen Fischereiflotte von der Vorschrift ausgenommen“, kritisiert Stella Nemecky, Fischerei-Expertin des WWF.
Ein weiterer Kritikpunkt der Naturschutzorganisation: Fische und Meeresfrüchte sollen nicht verpflichtend digital vom Netz bis auf den Teller verfolgbar sein; auch Zubereitungen von Meerestieren, etwa Dosenfisch, sollen nicht rückverfolgbar sein. In der Folge würden Verbraucher:innen nicht beurteilen können, ob der Fisch in ihrem Einkaufswagen legal und nachhaltig sei, aber auch die Menschenrechte eingehalten werden“, befürchtet Nemecky. Bestände drohten weiterhin überfischt und Ökosysteme beschädigt werden.
Dass effektive Kontrollen des Fischfangs bislang fehlen, zeigen Zahlen der Welternährungsorganisation FAO, nach denen jeder fünfte gefangene Fisch illegaler Fischerei entstammt. Den Beständen von Dorsch und Hering in der Ostsee droht der Kollaps, der Schweinswal ist dort vom Aussterben bedroht. Trotzdem landen noch immer Beifänge der seltenen Tiere in den Netzen vor allem der Stellnetzfischerei.
Hat der Ministerrat seine Position zur Kontrollverordnung festgelegt, beginnen die Verhandlungen mit Kommission und Parlament darüber.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Donald Trump wählt seine Mannschaft
Das Kabinett des Grauens
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist