Kritik an Gesetzentwurf der Koalition: Linke will Mindestlohn-Kontrolleure
Die Linkspartei fordert Beamte, die die Auszahlung des Mindestlohns überwachen. Und Teile der SPD wollen die Ausnahme für Langzeitarbeitslose wieder kippen.
BERLIN dpa | Die Linkspartei sieht die Durchsetzung des von der Bundesregierung geplanten Mindestlohns durch Personalmangel in den Behörden gefährdet. „Die Kontrollen sind ein zentraler Schwachpunkt. Millionen sollen profitieren, aber im Gesetz fehlen jegliche Vorkehrungen für die Durchsetzung in der Fläche“, sagte Parteichefin Katja Kipping den Ruhr Nachrichten und forderte: „Der Bund muss 5000 neue Mindestlohnkontrolleure einstellen. Sonst bleibt es ein Mindestlohn Light.“ Vorgesehen ist, dass die Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls den Mindestlohn kontrolliert.
Das Kabinett hatte am Mittwoch den in der Abstimmung mit anderen Ressorts noch veränderten Gesetzentwurf von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) verabschiedet. Nach Darstellung der Ministerin könnte das Gesetz Anfang Juli im Bundestag verabschiedet werden und dann nach der Sommerpause den Bundesrat passieren. Vorgesehen ist zum 1. Januar 2015 ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro.
Streit gibt es vor allem noch um die Ausnahmen. Aus Sicht der Gewerkschaften gibt es zu viele, Arbeitgeber und Union hätten gerne mehr. Nach dem Entwurf sollen Langzeitarbeitslose bei Annahme eines Jobs in den ersten sechs Monaten von der gesetzlichen Lohnuntergrenze ausgeklammert werden. Ausgenommen sind auch Jugendliche unter 18 ohne Ausbildung, Praktikanten in Berufsvorbereitung und Ehrenamtliche.
Der Vorsitzende der „Wirtschaftsweisen“, Christoph Schmidt, sieht vor allem den Niedriglohnsektor in Gefahr. „Es droht der Verlust mehrerer Hunderttausend Arbeitsplätze“, warnte er in der Passauer Neuen Presse. FDP-Chef Christian Lindner kritisierte in der Schwäbischen Zeitung: „Es gibt 1,5 Millionen 25- bis 35-Jährige ohne Schul- und Berufsabschluss. Hoffentlich werden deren Einstiegsjobs nicht zerstört.“
SPD gegen Ausnahme für Langzeitarbeitslose
Der Arbeitnehmerflügel der SPD kündigte Widerstand gegen die Ausnahmeregelung für Langzeitarbeitslose an. „Immer nur die Schwächsten von positiven Regelungen auszunehmen, geht nicht“, sagte Klaus Barthel, der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen, Spiegel Online.
Deutschlands Bauern halten angesichts der Pläne höhere Preise für unausweichlich. „Der Mindestlohn für unsere Erntehelfer ist eine enorme wirtschaftliche Bedrohung für die Obst-, Gemüse- und Weinbauern in Deutschland“, sagte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, den Dortmunder Ruhr Nachrichten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
G20-Gipfel in Brasilien
Milei will mit Kapitalismus aus der Armut
Verfassungsklage von ARD und ZDF
Karlsruhe muss die unbeliebte Entscheidung treffen
Virale „Dubai-Schokolade“
Dabei sein ist alles