Kritik am Zentralrat der Juden: Zu viel Meinung für einen Rabbi
Der Student Armin Langer soll nicht mehr Rabbiner werden dürfen. Er hatte den Vorsitzenden des Zentralrats der Juden scharf kritisiert.
In einer schriftlichen Stellungnahme begründet Werner Homolka, Rektor des Rabbinerkollegs, jetzt seine Entscheidung. Es sei das Recht „jeder Religionsgemeinschaft, ihre Geistlichen selbst zu bestimmen“. Dem Studenten habe es „wiederholt am notwendigen Fingerspitzengefühl gefehlt“, erklärt Homolka. Außerdem habe er seine Interviews und andere öffentliche Äußerungen nicht mit dem Pressesprecher des Kollegs abgesprochen, wie es allen Studenten auferlegt worden sei. Man zweifele deshalb an Langers Fähigkeit, das Judentum „angemessen und würdig“ zu vertreten.
Das ist erstaunlich, denn Langer hat durch sein Engagement in der Salaam-Schalom-Initiative sehr viel positive Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Der angehende Rabbiner, in München geboren und in Ungarn aufgewaschen, lebt seit vier Jahren im Berliner Multikultibezirk Neukölln und setzt sich wie kein Zweiter für den muslimisch-jüdischen Dialog ein. Im Sommer 2014 wurde er deshalb von Bundespräsident Joachim Gauck sogar ins Schloss Bellevue eingeladen.
Doch dass sich Langer für Kopftuchträgerinnen einsetzt und die Behauptung, der Berliner Einwandererbezirk sei eine „No-go-Area für Juden“, die eine Kippa tragen, als plumpes Vorurteil bezeichnet, hat ihm nicht nur Freunde eingebracht. Sein Kommentar in der taz war für manche wohl ein willkommener Anlass, ihn loszuwerden. Langer hatte Schusters Äußerungen, in denen er Verständnis für Obergrenzen für die Aufnahme von Flüchtlingen zeigte und davon sprach, der Antisemitismus sei angeblich tief in „der arabischen Kultur“ verwurzelt, übel genommen. Mit solchen Äußerungen könne sich der Zentralrat gleich in „Zentralrat der rassistischen Juden umbenennen“, ätzte er in der taz.
Die Entschuldigung kam bereits
Für seine Wortwahl hat sich Langer längst bei Schuster entschuldigt. Er habe seinen Kommentar damals „in einem höchst emotionalen Zustand verfasst“, das sei „unangemessen“ gewesen, sagt Langer.
Was er sich in den Augen seiner Kritiker darüber hinaus hat zuschulden kommen lassen, bleibt allerdings unklar. Klar ist nur, dass sich der Zentralrat, bereits sechs Tage nachdem der umstrittene Kommentar erschienen war, auf seiner Ratsversammlung mit seinem Fall beschäftigt hat. Das war am 29. November 2015, die Allgemeine Rabbinerkonferenz hatte Langers Eignung zum Rabbiner schon damals infrage gestellt. Der Zentralrat finanziert das Abraham Geiger Kolleg, das an der Uni Potsdam angesiedelt ist. Man kann davon ausgehen, dass der Druck, den Studenten rauszuschmeißen, entsprechend groß war.
Armin Langer möchte zumindest sein Studium der Jüdischen Theologie in Potsdam erst einmal fortsetzen, das ist ihm unbenommen. „Ich werde im nächsten Jahr noch mal versuchen, mich zur Rabbinerprüfung anzumelden“, sagt er der taz. Wird ihm das erneut verwehrt, müsste er es an einer anderen Schule im Ausland versuchen, etwa in London.
Durch den breiten Zuspruch, den er erhält, sieht sich Langer jedoch bestärkt. „Die Solidarität, die ich auch von einigen Rabbinern erhalte, ist überwältigend.“
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