Krisengipfel in Wien: Opec lässt Ölpreis weiter fallen
Die Opec kürzt trotz fallender Ölpreise ihre Fördermenge nicht – damit will das Kartell Konkurrenz aus den USA und Kanada ausbremsen.
HAMBURG taz | Und erneut sackten die Preise. Ein Machtwort des saudiarabischen Ölminister Ali al-Naimi hatte den Ausschlag gegeben. Als er andeutete, dass sich Saudi-Arabien, Kuwait, die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar auf dem Krisengipfel der erdölexportierenden Staaten (Opec) einig sind, sank der Ölpreis auf ein Vierjahrestief: Die vier mächtigen Ölländer lehnten am Donnerstag eine Produktionskürzung ab – und überstimmten damit in Wien ärmere Mitglieder wie Venezuela. Diese hatten auf eine Kürzung der Fördermengen gedrängt, um den Preisverfall auf den Ölmärkten zu stoppen.
Seit Juni sind die Preise um gut ein Drittel gesunken. Wegen der weltweit schwachen Konjunktur ist die Nachfrage nach Brennstoff gering, gleichzeitig führt der Schieferölboom in Nordamerika zu einem Überangebot. Beobachter hatten deshalb bereits erwartet, dass die Opec nicht von ihrem offiziellen Produktionsziel von 30 Millionen Barrel (à 159 Liter) pro Tag abrücken werde. Die tatsächliche Förderung hatte zuletzt sogar etwa 1 Million Fass pro Tag darüber gelegen.
Insgesamt liefert das Kartell derzeit etwa ein Drittel des weltweiten Erdöls. Mit dem Beschluss demonstriert die Organisation einerseits Geschlossenheit, andererseits verfolgt sie ein neues Ziel: die rasant wachsende Produktion außerhalb der zwölf Opec-Staaten ausbremsen.
Die Saudis und ihre Partner können nämlich infolge günstiger Fördermöglichkeiten auf der Arabischen Halbinsel billigst produzieren. Dagegen ist die Ölförderung durch Fracking in Nicht-Opec-Staaten wie Kanada und USA technisch aufwändig, Experten schätzen die Kosten auf 80 bis 90 US-Dollar pro Barrel. Beobachter spekulieren darüber, ob die Saudis die unliebsame neue Konkurrenz über niedrige Preise vom Markt drängen wollen. Bereits in den 1980er Jahren hatte das Könighaus in Riad eine solche Strategie verfolgt. Damals, um dem Bündnispartner USA im Kalten Krieg gegen die Sowjetunion beizustehen.
Der Iran hat ein Problem
Schwächere Opec-Mitglieder wie Venezuela, Angola oder Iran benötigen dagegen einen Ölpreis von bis zu 120 Dollar, um ihre Staatsetats zu finanzieren. Auch Russland leidet unter dem Preisverfalls: rund 40 Prozent seiner staatlichen Einnahmen kommen aus dem Öl-Export. Gestern sackte der Preis für die Sorte Brent auf 75 Dollar ab.
Der Preis dürfte damit bis zum Sommer unter 100 Dollar bleiben. Für die exportorientierten Deutschen eine gute Nachricht, sagt Leon Leschus vom Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI): „Niedrigere Ölpreise könnten stimulierend für die Weltwirtschaft wirken.“ Auch Mieter und Autofahrer können sich freuen: Der Heizölpreis fiel gestern auf ein Vierjahrestief, auch Benzin und Diesel sind derzeit günstig.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Krieg in Gaza
Kein einziger Tropfen sauberes Wasser
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus