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Krise in der UkrainePlatzverweis für Helfer

Mehrere Hilfsorganisationen müssen das Gebiet Lugansk sofort verlassen. Deren Vertreter kritisieren heftig die Entscheidung der Rebellen.

Pro-russischer Kämpfer 75 Kilometer von Donezk entfernt. Foto: dpa

Kiew taz | Zehn von elf internationalen Hilfsorganisationen, die bis Ende dieser Woche in der ostukrainischen Stadt Lugansk präsent waren, müssen die „Volksrepublik Lugansk“ sofort verlassen. Dies berichtet das in Lugansk ansässige „Lugansker Informationszentrum“. Betroffen von dem Erlass seien neben UNO-Hilfsorganisationen auch die „Ärzte ohne Grenzen“, die tschechische Hilfsorganisation „Der Mensch in Not“ und eine „Norwegische Union“, zitiert die Lugansker Agentur den Vize-Vorsitzenden des Ministerrates der „Volksrepublik Lugansk“, Vasilij Nikitin. Lediglich das „Internationale Komitee des Roten Kreuzes“ dürfe bleiben.

Den „Ärzten ohne Grenzen“ wirft der Vertreter der „Volksrepublik Lugansk“ die Lagerung von psychoaktiven Medikamenten vor. Die „Norwegische Union“, obwohl sie seit Januar in Lugansk sei, habe „noch nicht eine einzige verrostete Schraube geliefert“, so Nikitin.

In einer ersten Stellungnahme verurteilte der Leiter des humanitären Programms der UNO, Stephen O‘Brien, das Tätigkeitsverbot für die humanitären Organisationen scharf. Dadurch würden Menschenleben gefährdet. Betroffen seien ausgerechnet die Schwächsten der Schwachen.

„Nun können in den Krankenhäusern keine Operationen mehr durchgeführt werden, weil es an Betäubungsmitteln fehlt. 150.000 Menschen sind von unserer Lebensmittelhilfe abgeschnitten.“ Außerdem, so der UNO-Beamte, könnten nun 30.000 Menschen das für den Wiederaufbau von Häusern dringend benötigte Baumaterial nicht erhalten. Die UNO betreuen ungefähr zwei Millionen Menschen auf beiden Seiten der Waffenstillstandslinie.

Akkreditierung für das Rote Kreuz

Die Behörden von Donezk haben noch keine Entscheidung über den weiteren Status von internationalen Hilfsorganisationen getroffen. Das Rote Kreuz, so Vasilij Nikitin aus Lugansk, könne jedoch auch in Donezk mit einer weiteren Akkreditierung rechnen.

Unterdessen berichtet die ukrainische Nachrichtenagentur ukrnews24.com unter Berufung auf UNO-Sprecher Stephen O‘Brien, dass die UNO in Donezk wegen der dortigen Behinderungen ihrer humanitären Mission durch Kämpfer auch dort ihre humanitäre Arbeit habe einstellen müssen.

Auch ein Hilfskonvoi des „Internationalen Komitees des Roten Kreuzes“, der mit 275 Tonnen Lebensmitteln und Hygieneartikeln beladen war, musste am Freitag unverrichteter Dinge wieder umkehren. Die acht Lastwagen der internationalen Hilfsorganisation waren am Checkpoint „Bugas“ von den Aufständischen nach dreistündigem Warten zurückgewiesen worden.

Keine Akkreditierungsprobleme hatte hingegen ein Transport aus Russland. 64 russische Lastwagen des russischen Katastrophenministeriums mit der Aufschrift „Humanitäre Hilfe der Russischen Föderation“ waren nach einem Bericht der OSZE am Donnerstag Morgen in Donezk eingetroffen.

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