Krise in der Ukraine: Tödliche Gewalt in Kiew
Bei der Explosion mehrerer Sprengsätze vor dem Parlament wird ein Mensch getötet, 100 werden verletzt. Ein mutmaßlicher Täter ist gefasst.

Zu den Ausschreitungen im Regierungsviertel war es gekommen, nachdem das Parlament in erster Lesung eine Reform zur Verfassungsänderung angenommen hatte. Die rechtspopulistische Radikale Partei lehnt die Reform ab, weil sie den von Separatisten kontrollierten Gebieten Donezk und Luhansk weiterreichende Selbstverwaltungsrechte als anderen Provinzen einräumt. Die Gebiete Donezk und Luhansk werden in der neuen Verfassung als temporär okkupierte Territorien definiert.
Der Sonderstatus ist auf drei Jahre angelegt und beinhaltet unter anderem Vollmachten wie die Schaffung einer eigene Polizei und eigener Gerichte. Sowohl der Präsident als auch andere Politiker betonen immer wieder, dass es sich lediglich um eine Selbstverwaltung auf den von Kiew nicht kontrollierten Gebieten, nicht jedoch um einen Sonderstatus handelt.
Die Gegner der Verfassungsreform, unter ihnen Julia Timoschenko, sehen in der Reform einen Kniefall vor dem Kreml sowie eine schleichende Aufgabe ukrainischen Territoriums.
Präsidiumstribüne besetzt
Bereits vor der Abstimmung hatten Abgeordnete der Radikalen Partei die Präsidiumstribüne besetzt, mit leeren Plastikflaschen auf die Sitze geschlagen und Sirenen eingeschaltet. Deren Vorsitzender Juri Schuchewitsch bezeichnete die Verfassungsänderungen als einen Verrat Europas an der Ukraine. Dasselbe habe Europa seinerzeit mit der Tschechoslowakei zu Zeiten Adolf Hitlers gemacht.
An den Ausschreitungen vor dem Parlament waren rund 3.000 Menschen beteiligt. Mehrere Protestierende, viele vermummt, schlugen mit Stöcken auf die Sicherheitskräfte ein und bewarfen sie mit Steinen, Flaschen und Rauchbomben. Auf mehreren im Internet kursierenden Videos ist zu sehen, wie vor den Füßen eines Sicherheitsmannes eine Handgranate und ein Feuerlöscher explodieren.
„Eine Granate vor dem Parlament ist Terrorismus. Jede politische Kraft, deren Beteiligung an diesen Ereignissen bewiesen wird, soll von der politischen Landkarte verschwinden. Und deren Anführer für die Verletzten und Gestorbenen zur Rechenschaft gezogen werden“, twitterte am Montagnachmittag der Maidan-Aktivist und Abgeordnete Mustafa Nayem. Am Abend wollte sich Präsident Petro Poroschenko in einer Ansprache an die Ukrainer wenden.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung