Krise in der Ukraine: Die EU legt das Abkommen auf Eis
Brüssel vermisst ein „klares Bekenntnis“ von Präsident Janukowitsch. In Kiew gibt es erneut Massenproteste von Gegnern und Anhängern des Präsidenten.
BRÜSSEL/KIEW/WASHINGTON afp/dpa | Inmitten neuer Massenproteste in der Ukraine hat die EU-Kommission die Arbeit an dem geplanten Assoziierungsabkommen mit dem Land auf Eis gelegt. Es gebe von Staatschef Viktor Janukowitsch kein „klares Bekenntnis“ dazu, den Vertrag unterschreiben zu wollen, schrieb EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle am Sonntag im Onlinekurzbotschaftendienst Twitter zur Begründung. Aus Kiew sei diesbezüglich „keine Antwort“ eingegangen.
In der ukrainischen Hauptstadt Kiew versammelten sich am Sonntag erneut zahlreiche Gegner Janukowitschs und seiner Regierung zu einem Massenprotest. Nach Schätzung der Nachrichtenagentur AFP kamen bis zum Mittag mindestens 200.000 Menschen auf dem Unabhängigkeitsplatz im Stadtzentrum zusammen. Auch Unterstützer Janukowitschs wollten demonstrieren.
Zehntausende Gegner und Anhänger des ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch haben sich in Kiew zu neuen Massendemonstrationen versammelt. Zur Kundgebung der prowestlichen Opposition um Boxweltmeister Vitali Klitschko wurden mehr als 200.000 Menschen erwartet. Eine riesige Menge strömte am Sonntag ins Stadtzentrum. Sicherheitskräfte waren zunächst kaum zu sehen.
Gleichzeitig versammelten sich aber auch etliche Anhänger des prorussischen Janukowitsch in einem Park. Hier wurde ebenfalls mit Zehntausenden Teilnehmern gerechnet. Die regierende Partei der Regionen hatte die Kundgebung kurzfristig verlegt, die zunächst im Abstand von nur 300 Metern zur Opposition geplant gewesen war.
Die Regierungsgegner fordern Janukowitschs Rücktritt, nachdem der Präsident auf Druck Russlands ein weitreichendes Abkommen mit der EU verweigert hatte. Die Ex-Sowjetrepublik ist in der Frage einer engen Partnerschaft mit der EU oder mit Russland tief gespalten.
Klitschko machte sich für eine Vermittlung Deutschlands in dem festgefahrenen Konflikt stark. „Deutschlands Wort hat hier großes Gewicht. Ich wäre froh, wenn sich die Bundesregierung als Vermittlerin einschalten würde“, sagte der 42-Jährige dem Spiegel (Montag). Er hatte bei einem Treffen mit dem republikanischen US-Senator John McCain die USA zu Sanktionen gegen die ukrainische Führung aufgefordert.
US-Senator McCain trifft die Oppositionsführer
Bei seinem Besuch am Samstag in der Ukraine ist US-Senator John McCain – der sich vor wenigen Tagen empört über das massive Vorgehen der ukrainischen Sicherheitskräfte gegen Demonstranten geäußert – mit Vertretern der Opposition zusammengekommen. Der Republikaner traf in der Hauptstadt Kiew den Chef der oppositionellen Udar-Partei, Boxweltmeister Vitali Klitschko, Arseni Jazenjuk von der Vaterlandspartei der inhaftierten ehemaligen Regierungschefin Julia Timoschenko sowie Oleg Tiagnibok von der rechtsextremen Partei Swoboda (Freiheit).
McCain besprach die Krise im Land auch mit Jewgenija Timoschenko, der Tochter der inhaftierten Oppositionsführerin Julia Timoschenko. „Wir stehen auf der Seite des ukrainischen Volkes“, sagte McCain nach einer Mitteilung von Timoschenkos Vaterlandspartei.
Der US-Politiker besuchte später auch den Unabhängigkeitsplatz, wo die prowestlichen Demonstranten ihr Lager aufgeschlagen haben. McCain will sich bei seinem Besuch in der Ukraine nach Angaben der Republikaner auch mit Vertretern der Regierung und der Zivilgesellschaft treffen. Begleitet wird der frühere Präsidentschaftskandidat vom demokratischen US-Senator Chris Murphy.
Die Vaterlandspartei deutete an, dass McCain am Sonntag bei einer Großkundgebung der Opposition als Redner auftreten könnte. Es würden ausländische Gäste erwartet, unter ihnen amerikanische Senatoren, hieß es in einer Erklärung der Oppositionspartei.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken