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Krise in der UkraineWesten erhöht den Druck

Die EU droht Moskau mit schärferen Sanktionen und verstärkt ihre Hilfe für die Ukraine. Auch die G7-Staaten stellen sich mit klaren Worten gegen Russland.

Am Sonntag sollen die Menschen auf der Krim über die Zukunft der Halbinsel abstimmen. Bild: ap

WARSCHAU/BRÜSSEL dpa/rtr | Wenige Tage vor dem umstrittenen Referendum der Krim über einen Anschluss an Russland verschärfen westliche Länder ihre Haltung gegenüber der Regierung in Moskau. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und US-Präsident Barack Obama verurteilten erneut das Vorgehen des Kreml auf der ukrainischen Halbinsel. Die G7-Staaten warnten eindringlich vor einer Annexion. Die Europäische Union treibt derweil die Anbindung der Ukraine voran.

Die Bürger der ukrainischen Krim sollen am Sonntag über den Anschluss an Russland abstimmen. Eine Mehrheit dafür gilt als wahrscheinlich. Nach dem blutigen Machtwechsel in Kiew kontrollieren seit Ende Februar Russisch sprechende Bewaffnete die Schwarzmeerhalbinsel. Moskau betreibt eine schnelle Eingliederung des über Jahrhunderte russischen Gebiets in die Russische Föderation.

Bei einem Treffen mit dem polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk hatte Merkel Kremlchef Wladimir Putin hart wie nie mit dauerhaften Konsequenzen gedroht. In einer Regierungserklärung am Donnerstagmorgen bekräftigte sie die Drohung der EU mit Wirtschaftssanktionen gegen Russland bei einer weiteren Eskalation des Ukraine-Konflikts.

„Niemand von uns wünscht sich, dass es zu solchen Maßnahmen kommt“, sagte Merkel. „Doch wir alle wären zu ihnen bereit und entschlossen, falls sie unumgänglich werden.“ Wenn Russland seinen Kurs fortsetze, wäre dies nicht nur „eine Katastrophe für die Ukraine“. Dies würde von den Nachbarstaaten Russlands als Bedrohung empfunden, veränderte das Verhältnis Moskaus zur EU als Ganzes und schadete nicht zuletzt „ganz massiv auch Russland. Und zwar ökonomisch wie politisch.“

Merkel betonte, die EU suche weiter einen diplomatischen Weg aus der Krise. Wenn es „in den allernächsten Tagen“ nicht zu Verhandlungen mit Russland komme, die zu Resultaten führten, würden die EU- Außenminister am nächsten Montag weitere Sanktionen beschließen. Dazu gehörten Einreise- und Kontensperrungen. Für die Ukraine solle rasch wirtschaftliche Unterstützung in Kooperation mit dem Internationalen Währungsfonds in die Wege geleitet werden. „Dieses Angebot zur Modernisierung ist ein Ansatz der Nachbarschaftspolitik, nicht der Geopolitik“, sagte Merkel. Es sei nicht gegen Russland gerichtet.

US-Präsident Barack Obama bekräftigte nach einem Treffen mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten Arseni Jazenjuk im Weißen Haus, dass Russland „Kosten auferlegt“ würden, sollte es in der Ukraine weiterhin internationales Recht brechen. Details nannte er nicht. Aus den USA wird laut Medienberichten am Donnerstag eine Delegation mit acht Senatoren, angeführt von dem einstigen republikanischen Präsidentschaftskandidaten John McCain, in die Ukraine reisen.

Jazenjuk bereit zu Gesprächen

„Wir werden an der Seite der Ukraine stehen“, sagte Obama am Mittwoch nach einem Treffen mit Ministerpräsident Arseni Jazenjuk in Washington. Die Pläne der prorussischen Regionalregierung auf der Krim für ein Referendum über eine Eingliederung der Halbinsel in die Russische Föderation lehnte Obama nachdrücklich ab.

Jazenjuk sagte, er sei bereit zu Krisengesprächen mit Russland. Er fügte aber hinzu, dass sich sein Land „niemals ergeben“ werde. Die Ukraine sei Teil der westlichen Welt und werde dies auch bleiben. Dann richtete er sich an Russlands Präsident Wladimir Putin direkt und bediente sich dabei bei Ronald Reagans historischer Rede von 1987 vor der Berliner Mauer am Brandenburger Tor, mit der sich der damalige US-Präsident an den sowjetischen Generalsekretär Michail Gorbatschow wandte: „Herr Putin, reißen Sie diese Mauer nieder, diese Mauer aus mehr Einschüchterungen und militärischer Aggression“, sagte Jazenjuk.

Zugleich verschärften die G7-Staaten ihre Haltung gegenüber Moskau. Sie warnten Russland in einer gemeinsamen Erklärung eindringlich vor einer Annexion der Krim und drohten "weitere Maßnahmen" an, falls Moskau die Souveränität der Ukraine nicht achte.

Die selbst ernannte Krim-Regierung zeigte sich von den Warnungen aus dem Westen unbeeindruckt. Sie schränkte am Mittwoch den Luftraum über der Halbinsel bis nach dem Referendum ein. Damit solle die Ankunft von „Provokateuren“ aus Kiew und der Westukraine verhindert werden, sagte Vizeregierungschef Rustam Temirgalijew.

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14 Kommentare

 / 
  • HS
    Hari Seldon

    @investitionsberater:

     

    Nun heute ist 2014 --> 21 Jahre ist eine sehr lange Periode. Sogar nach 2 Monaten können unerwartete Ereignisse auftreten. Aus meiner Lebenserfahrung: Ich war gerade 2 (zwei) Monate vor dem Mauerfall erst mal in meinem Leben in West-Berlin, und ich konnte noch aus den "Aussitztürmen" (aus Holz) die andere Seite (Ost-Berlin) beobachten. Falls damals jemand gesagt hätte, dass der Mauer samt Aussichtstürme innerhalb 2 Monaten nicht mehr existieren werden, hätte man den Krankenwagen mit Zwangsjacke geholt. Und was passierte mit dem Mauer? Russland ist heute ganz anders als in 1993. Die Welt hat wieder 2 Polen wie früher, und es ist sehr gut so. Übrigens, wären dann die Investoren, welche 20 Mrd Euro in Russland investiert haben alle dumm und blöd?

  • A
    Arne

    " 'Wenn es „in den allernächsten Tagen' nicht zu Verhandlungen mit Russland komme, die zu Resultaten führten, würden die EU- Außenminister am nächsten Montag weitere Sanktionen beschließen. Dazu gehörten Einreise- und Kontensperrungen.

     

    Jaa. Gerhard Schröder sofort das Konto sperren. Leben kann er ja von HartzIV!!!

  • I
    Investitionsberater

    Als ich mich 1993 aus dem Büro der Industrie- und Handelskammern in St. Petersburg (Russland) wieder verabschiedete, fragte mich der Chef: "Drei Monate waren Sie jetzt hier, wenn ein guter Freund sie fragen wird: Wo in Russland sollte ich derzeit investieren ?" Da antwortete ich ihm: "Einem wirklich guten Freund würde raten, sein Geld lieber zum Fenster rauszuwerfen, als es in Rußland zu investieren."

    Und er sagte aufgeregt ... nein lassen wir das.

    In drei Wochen wird Putin alle deutschen Betriebe in Rußland enteignen. Als Gegenmaßnahme darauf, dass die EU in zwei Wochen diverse Russen bzw. ihre Konten in Europa enteignen wird.

    In drei Wochen wird Putin deutsche Investitionen im Wert von ZWANZIG MILLIARDEN EURO enteignen.

  • Und wenn ich dann Russland noch damit drohe dass ich Vermögen beschlagnahme und gleichzeitig mobil mache , was soll denn da Russland machen ?

    Sie sind durch unsere Politiker beusst und vorsätzlich in die Enge getrieben worden. Da brauch sich niemand zu wundern , wenn der russische Bär aufsteht und seine Krallen zeigt !

  • Dies alles interessiert den Westen nicht!

     

    Ich kann doch lt. Völkerrecht nicht mit Jemanden völkerrechtlich verbindliche Verträge (wie das Assoziierungsabkommen) abschließen. Wenn ich aber dies mache setze ich mich selbst in 's Unrecht!

  • Zum Völkerrecht, januschewsky ist staatsrechtlich gesehen immer noch Präsident(lt. ukrainischer Verfassung) da er vom gesamten Volk gewählt wurde.

    Die Übergangsregierung ist unter Bruch der vereinbarung zwischen Vertretern vom Maidan, den EU-Vermittlern und der alten Regierung durch den Maidan gewählt worden!

    Welch eine Demokratie!

  • Ich habe mich nochmals im Wikipedia schlau gemacht.Die Ukraine in der jetzt bestehenden Zusammensetzung gab es erst nach dem 2. Weltkrieg.Die Ostukraine und die Krim waren davor immer Bestandteil von Russland.Hätte der damalige KP Chef Chrustschow nicht in einer Geste an die Ukraine ,seiner Heimat huldigen wollen, wäre die Krim immer noch russisches Staatsgebiet.

  • S
    Schramm

    Kapitalfaschismus und Nato heute.

     

    "Das Kapital" erhöht den Druck.

     

    Nochmals.

     

    Kein Atomkrieg für den wirtschaftlichen Zugang zu osteuropäisch-asiatischen Reichtümern!

     

    Kein deutsch-französisch-britisch-nordamerikanischer (nuklearer) Weltkrieg für Rohstoffe und Bodenschätze!

     

    Die Kanzlerin der GroKo, der staatsmonopolistischen Bundesrepublik Deutschland und deren europäischen Wirtschafts-Union (EU), sollte es wissen, als vormals ostdeutsche Physikerin und Überläuferin der westdeutschen Finanz- und Monopolbourgeoisie - der Konrad Adenauer Stiftung und deren Quandtschen Club Deutscher Unternehmer (CDU):

     

    Ein Krieg um den Zugang nach osteuropäischen und asiatischen Rohstoffen und Bodenschätzen - für das westeuropäische und nordamerikanische Finanz- und Monopolkapital - wäre zugleich die nukleare Vernichtung der Großbourgeoisie und deren Administration - und hündischen BND-"Sozialpartner".

     

    Aufwachen, brave treudeutsche Michels und DGB-"Sozialpartner"! (?)

    • KK
      Kein Knecht
      @Schramm:

      "Aufwachen, brave treudeutsche Michels und DGB-"Sozialpartner"!".

      => bin ich schon längst. Ich finds gut dass immer mehr Menschen das Ganze kritischer sehen. Vor 15 Jahren wurde ich für meine politischen Statements oft ausgelacht. Sogar eine Freundin trennte sich von mir, weil sie mich tatsächlich für irre hielt. Der Ottonormalverbraucher interessiert sich aber nur um sein Auskommen, was man bei Familien ja auch verstehen kann. Jeder ist sich selbst der Nächste. Der Deutsche neigt nicht dazu auf die Straßen zu gehen, zumindest nicht revolutionär. Erst dann wenn es nicht mehr anders geht. Ein Franzose, die ja gern demonstrieren, geht bestimmt nicht für Russland auf die Straße. Sich für Atomkraftwerke und gegen autarke Energievisionen einzusetzen wird wieder en vogue. Otto schaut nur kurzfristig auf seinen Geldbeutel, nicht langfristig. Visionen haben im Hirn Ottos keinen Platz. All das wissen diejenigen die oben sitzen doch längst, reicht ja schon der Macciavelli dazu - so ist es einfach kalkulierbar. Ein wenig Aufregung und dann spurt Otto wieder und lässt sich knechten. Geht´s der Masse zu gut, lässt sie sich nicht knechten. So hält man sich immer seine Tiere an der Leine...

  • Die "selbsternannte Krimregierung" wurde immerhin vom legitimen Parlament gewählt, während die Legitimität der selbsternannten Regierung der Westukraine eher zweifelhaft ist. Die Vorgänge um den Staatsstreich in Kiew, die Schüsse auf dem EuroMaidan, sind weiterhin ungeklärt.

     

    Wer die Sponsoren des nicht demokratisch legitimierten "Präsidenten" der Westukraine sind, lässt sich allerdings bisher offen auf der Website seiner "Arsenyi Yatsenyuk Foundation" http://openukraine.org/en/about/partners nachsehen. Unabhängigkeit sieht anders aus. Das zeigt auch der neue Besuch von McCain - der auch in Syrien schonmal Teroristen die Hände schüttelte.

     

    Immerhin stellt der einseitige taz-Artikel fest, dass der Machtwechsel in Kiew blutig war, während auf der Krim demokratisch gewählt wird und der Wille der Mehrheit der Bevölkerung abzusehen ist. Wie das in der Ostukraine ausgehen wird, muss sich noch zeigen, aber auch dort ist eine Abspaltung nicht unwahrscheinlich.

     

    So ist also die selbsternannte Regierung in Kiew eine Regierung der Westukraine. Mit dem aus Berlin und Washington gesponsorten Putsch ist die nationale Einheit der Ukraine Geschichte. Auch wenn unsere "politische Elite" und unsere gerade ganz offensichtlich gleichgeschalteten Medien das Gegenteil zu vermitteln suchen, die Schuld dafür liegt nicht beim bösen Russen. Der hatte noch im November trilaterale Gespräche zwischen Russland, Ukraine und der EU angeboten.

    • @h4364r:

      Jaa! Ne gute Analyse...

      Es wurden ja `Fakten geschaffen´- durch den gewaltsamen Putsch mit Rechtsdrall und vielen Toten..

      Als auch durch das `NEIN´ vieler ukraina Bürger und ansässiger Russen gegen die Putschregierung...

      ------------

      Und nun? Die Diplomatie stagniert in Schuldzuweisungen und in Drohgebärden die von wirtschaftlichen Sanktionen bis Kriegsandrohung reichen- und das ist doch Quatsch!

      Die neue Faktenlage erlaubt immerhin demokratische und friedliche Strukturen damit ein konstruktives-ziviles Verhältnis möglich ist.Zu hoffen ist es, dass die- durch westliche Arroganz verhinderten- trilateralen Gespräche zwischen Russland,EU und der Ukraine wieder in die Gänge kommt!

      Die neuen Fakten erlauben den Ukraine sich als `Brücke des Friedens´ zwischen Ost und West zu identifizieren.

      Ohne sich von Ost oder West annektieren zu lassen!

    • @h4364r:

      In einigen Punkten kann ich ihnen durchaus zustimmen. Auf der einen Seite ist aber auch klar, dass Janukovitschs Regierung unhaltbar war. Dass die Provisorische, nicht legitimierte Regierung jetzt allerdings eindeutig ideologische Politik macht, anstatt nur bis zur Wahl im Mai die Geschäfte zu führen, ist unzweifelhaft falsch.

       

      Eine Abspaltung der Ostukraine halte ich jedoch für unwahrscheinlich. Viele Menschen hier sind zwar für eine Föderalisierung der Ukraine, oder eine Autonomie des Donbass, einen Anschluss an Russland wollen aber sogar von den sogenannten "prorussischen" Demonstranten nur wenige. Interessant und in den Medien verschwiegen ist in dem Zusammenhang aber auch, dass nicht nur auf der Krim Soldaten ohne Abzeichen unterwegs sind, sondern auch in Donezk. Hier allerdings von der anderen Seite (Angeblich Academi Söldner).

       

      Ebenfalls erwähnenswert ist, dass trotz der beständigen Warnung im Westen, dass bei einem Anschluss der Krim die dortigen Tataren gefährdet werden, hat das Krimparlament eine Akte beschlossen, nach der z.B. der Rat der Krimtataren anerkannt werden soll, das Tatarische GLEICHBERECHTIGT neben dem Russischen UND Ukrainischen anerkannt wird, und die Krimtataren eine Mindestanzahl an Repräsentanten im Parlament haben sollen. Dieser Vorschlag kann gewissermaßen als "Friedensangebot" gesehen werden, da Russland auf keinen Fall einen weiteren ethnischen Konflikt an seiner Südflanke will.

      Natürlich muss man darauf achten, ob diese Ankündigungen auch wirklich eingehalten werden, da es natürlich taktische Schritte sind, und keineswegs aus Überzeugung. Trotzdem darf man sich fragen, wie es kommt, dass die westlichen Medien alles daran setzen, nur Nachrichten zu veröffentlichen, die der Dämonisierung Russlands dienen.

  • P
    Penryn

    Deeskalation sieht aber anders aus! Im Moment bewegen sich beide Seiten keinen Meter. Der Westen stellt die Russen vor immer mehr Tatsachen fordert aber gleichzeitig, daß Moskau einlenkt? Seltsame Deeskalationspolitik die da im Moment betrieben wird. Der Westen sollte endlich aufhören zu sanktionieren und zu drohen, sondern mal einen Schritt auf die Russen zu gehen, wie wäre es denn damit? Warum legt die EU nicht erstmal alle Gespräche zwecks NATO und EU-Annäherung für die Ukraine auf Eis und versucht erstmal diplomatisch zu vermitteln? Stattdessen knallt man den Russen ordentlich eine vor den Bug und stellt dann auch noch Forderungen. Wie sau dämlich und kontraproduktiv ist das denn? Es lebe der kalte Krieg!

  • G
    gregorhecker

    Was will aber Europa? Aus der russischen Sicht ist in der Ukraine ein ukrainischer Nationalstaat endgültig zusammengebrochen. Nun wird es dort zu einem Krieg der ukranischen Oligarchen um das Recht und die Macht für den restlichen Ausverkauf des Landes kommen. Es entsteht also zwischen Europa und Russland ein Afghanistan mit Atomkraftwerken. Das will Europa?