Krise in der Ukraine: Angst vor einer zweiten Krim
Im Osten der Ukraine ist die Lage weiter angespannt. Während prorussische Demonstranten auf Verstärkung hoffen, befürchten andere eine Invasion Moskaus.
KIEW/PRAG dpa/rtr | Nach der Erstürmung mehrerer öffentlicher Gebäude im Osten der Ukraine durch prorussische Kräfte ist die Situation in den Städten Charkow, Lugansk und Donezk weiter instabil. Es gebe von außen gesteuerte Provokationen, um die Lage gezielt zu destabilisieren, sagte der Leiter der Gebietsverwaltung in Charkow, Igor Baluta, einer Mitteilung zufolge.
Die Regierung in Kiew ist alarmiert. Die Proteste zielten darauf, einen Einmarsch ausländischer Truppen zu provozieren, sagte der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk am Montag. Russische Truppen stünden 30 Kilometer von der Grenze entfernt. Sie seien entgegen entsprechender Forderungen auch aus dem Westen nicht zurückgezogen worden. Die Ukraine werde nicht zulassen, dass ausländische Truppen einmarschierten und ukrainisches Gebiet besetzten, betonte Jazenjuk.
Der tschechische Präsident Milos Zeman hat unterdessen den möglichen russischen Einmarsch in den Osten der Ukraine als rote Linie im Konflikt mit Moskau bezeichnet. „Wenn Russland entscheidet, seine territoriale Expansion auf die Ost-Ukraine auszuweiten, dann ist der Spaß vorbei“, sagte Zeman am Sonntag dem öffentlich-rechtlichen tschechischen Rundfunk. In diesem Fall würde er nicht nur „schärfstmögliche Sanktionen“ gegen Moskau befürworten, sondern sei für „militärische Bereitschaft seitens der NATO“, die dann etwa Truppen in die Ukraine schicken solle.
Moskautreue Aktivisten erwarten am Montag Verstärkung aus anderen Städten, um ein Zeltlager zu organisieren – wie zuletzt auf dem zentralen Unabhängigkeitsplatz in Kiew, dem Maidan. Dort hatten blutige Proteste zum Machtwechsel in der Ex-Sowjetrepublik geführt. Gegen die neue prowestliche Führung in Kiew gibt es in südlichen und östlichen Teile der Ukraine Proteste.
Auf dem besetzten Gebäude der Gebietsverwaltung in Charkow weht Medien zufolge die russische Fahne. Die zum Teil Maskierten fordern ein Referendum über einen Anschluss an Russland nach dem umstrittenen Vorbild der Schwarzmeerhalbinsel Krim.
In Lugansk leitete die Staatsanwaltschaft ein Verfahren ein, nachdem Aktivisten das örtliche Geheimdienstgebäude gestürmt hatten. Dabei waren am Sonntag mehrere Menschen verletzt worden. Die Miliz in Lugansk wurde in „Kampfbereitschaft“ versetzt, wie Behörden mitteilten. Die Zufahrtsstraßen zur Stadt seien gesperrt. Maskierte im Geheimdienstgebäude sollen die Waffenkammer geplündert haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja