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Krise in der UkraineTote in Donezk

Wahlsieger Poroschenko will mit Dialog ein Ende der Gewalt in der Ostukraine erreichen. Doch neue Kämpfe in Donezk drohen die Lage wieder zu verschärfen.

Prorussische Kämpfer am Flughafen von Donezk. Bild: ap

MOSKAU ap | Neue Kämpfe in der Ostukraine drohen aufkeimende Hoffnungen auf eine Entspannung der Krise zunichte zu machen. Kremltreue Kämpfer stürmten am Montag den Flughafen von Donezk, das Militär reagierte mit Luftangriffen. Der designierte Präsident Pjotr Poroschenko versprach am selben Tag ein Ende des prorussischen Aufstands im Osten des Landes und einen Dialog mit Russland. Dafür zeigte sich Moskau offen.

In der Nacht zum Dienstag war die Gefechtslage am Flughafen von Donezk unübersichtlich. Es war unklar, welcher der beiden Seiten das Areal kontrollierte. Hunderte Kämpfer der Separatisten wurden per Lastwagen in ein Waldgebiet am Rand des Flughafens gebracht, viele waren mit Panzerfäusten und Sturmgewehren bewaffnet. Mindestens ein Kampfjet flog Luftangriffe, aus dem Flughafen drang der Lärm von Explosionen.

Die Rebellen meldeten über Twitter, ein Lastwagen, der Verwundete vom Flughafen weggebracht habe, sei unter Beschuss gekommen. Der Fahrer sei dabei getötet worden.

Das Militär habe den Separatisten nach deren Besetzung des Flughafen ein Ultimatum gestellt, das Areal wieder zu räumen, teilte der für die Operation zuständige Sprecher Wladislaw Sleznjow auf Facebook mit. Die Frist sei allerdings verstrichen. Separatistenführer Denis Puschilin erklärte, die Bewaffneten seien zum Flughafen geschickt worden, nachdem einige ihrer Kameraden festgenommen worden seien.

Nach Medienanagaben aus Donezk kam es auch am Bahnhof der Stadt zu einem Schusswechsel, bei dem ein Mensch getötet und zwei weitere verletzt wurden. Im rund 100 Kilometer entfernten Slawjansk sah ein AP-Reporter nach Mörserbeschuss durch mutmaßliche Regierungssoldaten die zwei Leichen einer älteren Frau und eines jungen Mannes.

Anti-Terror-Operation

Nach seinem klaren Wahlsieg sicherte der designierte Präsident Poroschenko in Kiew ein Ende von Krieg, Chaos und Kriminalität zu und kündigte einen baldigen Besuch in der Ostukraine an. Den Separatisten billigte er ihr Recht auf die russische Sprache zu und versprach eine geplante Amnestie für jene auszuweiten, die nicht zu den Waffen gegriffen hatten. „Frieden im Land und Frieden im Osten sind meine oberste Priorität.“

Gleichzeitig kündigte er ein baldiges Ende des Militäreinsatzes im Osten an. „Die Anti-Terror-Operation kann und sollte nicht zwei oder drei Monate dauern“, sagte er. „Sie sollte und wird Stunden dauern.“ Gleichzeitig warf er den prorussischen Aufständischen vor, das Land ins Chaos zu stürzen.

„Ihr Ziel ist es, Donbass in Somalia zu verwandeln, wo sie mit der Macht von Maschinengewehren regieren würden. Ich werde nie erlauben, dass das auf dem Territorium der Ukraine geschieht.“ Er hoffe, Russland werde dabei helfen, den Osten zu stabilisieren.

Moskau habe Poroschenkos Äußerungen zur Kenntnis genommen, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow in einer ersten Reaktion. „Wir sind bereit zum Dialog mit Vertretern Kiews, mit Pjotr Poroschenko.“ Dafür seien keine westlichen Vermittler nötig, sagte Lawrow mit Blick auf mögliche Initiativen der Europäischen Union oder der USA. Präsident Wladimir Putin hatte bereits vergangene Woche erklärt, er werde den Ausgang der Wahl respektieren und mit der neuen ukrainischen Führung kooperieren.

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7 Kommentare

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  • Im Artikel heisst es:

    Wahlsieger Poroschenko will mit Dialog ein Ende der Gewalt in der Ostukraine erreichen.

     

    Poroschenko sagte wenige Stunden nach der Wahl, er wolle die Separatisten "binnen Stunden" unterwerfen. In dieser Hinsicht versucht er offensichtlich Wort zu halten.

  • Die Wahl in der Ukraine ist eine Farce!!

    Gesetz zur Wahlbeteiligung frisiert. Viele Parteien u. Kandidaten einfach ausgeschlossen. Die Kommunisten zum Beispiel wurden verboten. Wahlzulassung nur bei Hinterlegung von $236'000. So eine finanzielle Hürde aufzustellen kam nur den Oligarchen zugute.

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    Quelle unbed. lesen: http://alles-schallundrauch.blogspot.com/2014/05/die-wahl-in-der-ukraine-ist-eine-farce.html#ixzz32r0qBk82

  • "Demokratie" ohne Verhandlung mit Andersdenkenden ist keine !!!

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    Der Hauptgrund, warum die auch mit Faschisten durchsetzte Kiewer Regierung Hand in Hand mit dem Westen die Präsidentenwahl schnell durchführen wollte, ist jetzt sichtbar geworden: Legitimationsbeschaffung für eine militärische Radikalkur gegen die Abweichler im Osten.

     

    Die undemokratische Präsidentenwahl ohne angemessenen Wahlkampf, mit Verbot von Parteien und dem Zusammenschlagen von Kandidaten, inmitten eines Bürgerkrieges im Osten, dient als Feigenblatt jeglicher Brutalität gegen die eigenen Bürger. Die illegitime Kiewer Regierung triumphiert scheinbar und erhält die Absolution des Westens für die Missachtung der Rechte von Millionen von Ost-Ukrainern.

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    Ich schäme mich für diese westliche „Gemeinschaft“ (!), die ihre eigenen Wert ein weiteres Mal untergräbt und mit Waffen niedermetzeln lässt.

  • Die westlichen Medien bezeichnen den Sieger, den Milliardär Petro Poroschenko, als Schokoladenkönig.

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    Eine Verharmlosung und falsche Darstellung, denn tatsächlich ist er ein Waffenproduzent, Medienmogul und ehemaliger Zentralbänker. Süßigkeiten, erzeugt er nur so nebenbei!

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    Als Wirtschaftsminister der Regierung Janukowitsch hat er auch nur dafür gesorgt, dass seine eigenen Taschen gefüllt werden !!

    So schauts aus!

  • Hier ein paar Zahlen zur "ÜBERRAGENDEN WAHLBETEILIGUNG“ in der Ukraine in Gebieten ohne Bürgerkrieg (!!!), siehe zentrale ukrainische Wahlkommissionhttp://www.cvk.gov.ua/:

     

    - Dnepopetrovsk: 44,6%

     

    - Saporischschje: 38,9%

     

    - Odessa: 41%

     

    - Charkov: 35%

     

    - Tschernigow: 41,3%

     

    Im Westen der Ukraine lag die Wahlbeteiligung bei ca 60%. In den Russisch geprägten Gebieten ohne Bürgerkrieg war die Wahlbeteiligung recht niedrig, obwohl hier gewählt werden konnte.

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    Es haben dort also ca. 60% der Bürger freiwillig nicht gewählt. Poroschenko und die Wahl finden wohl nicht alle so toll !!!!!

  • Und wieder haben die Russen die bestmögliche Antwort auf die anstehenden Fragen in der Ukraine gegeben. Sie die wirklich die Einzigen die in diesem Konflikt bei Verstand geblieben sind? Der Westen hat die Ukraine mit seiner schwachsinnigen Assoziazions-Politik doch erst in die aktuelle Krise hineinmanövriert. Sie war von Anfan an immer auch ein Problem für Rußland. Aus nachbarschaftlichen, ökonomischen, militärischen, und energiepolitischen Gründen. Das wird auch so bleiben. Es scheint, als ob der waghalsige "Schokoladenpräsident" aus Kiew, in Donezk bereits "amerikanische Akademicer" zu Kampfhandlungen heranzieht. Wer ihm geflüstert hat, dass die Verhandlungen ohne die Partisanen dieser Region erfolgreich sein würden, kann man inzwischen auch sehr leicht erahnen. Die russische Regierung wird zwar mit ihm reden. Aus innenpolitischen Gründen kann sie es aber nicht zulassen, dass in der Ostukraine Russen abgeschlachtet werden. Dies wäre Putins politisches Ende. Die westlichen Berater wissen das und sie heizen den Konflikt weiter an. Was ist ihr Ziel? Der Schokoladenpräsident setzt nach wie vor, mit der gleichen Regierung, auf die gleiche primitive Gewalt. Unter diesen Vorzeichen nimmt die Abspaltung der Ostukraine bereits Konturen an. Die barbarischen Menschenopfer werden die ostukrainischen Partisanen nämlich stärker machen, strategisch und taktisch. Aber auch wirtschaftliche Degeneration der Ukraine schreitet mit Lichgeschwindigkeit voran. Amerikaner, EU und Nato geben vollmundige Erklärungen mit leeren Taschen ab. In Wirklichkeit konnten sie nicht helfen- weder militärisch noch wirtschaftlich und monitär (wegen der Bankenkrise) sowieso nicht. Es sei den, man will wegen der westlichen Hochstapelei die Druckerpressen für den Euro anschalten...