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Krise in der UkraineKlimkin fordert „Marshall-Plan“

Der ukrainische Außenminister hat den Westen gebeten, sein Land stärker zu unterstützen. Die Separatisten berichten vom Abschuss mehrerer Militärmaschinen.

Bat um „technische und militärische Hilfe“: Pawel Klimkin, ukrainischer Außenminister. Bild: dpa

BERLIN/MOSKAU/DONEZK dpa/afp | Vor dem Besuch von Kanzlerin Angela Merkel am Samstag in Kiew hat der ukrainische Außenminister Pawel Klimkin mehr Beistand des Westens im Konflikt mit Russland gefordert. „Ich glaube, es wäre durchaus logisch, der Ukraine technische und militärische Hilfe zur Bekämpfung von Terrorismus zu leisten, ähnlich wie es gerade im Falle Iraks stattfindet“, sagte Klimkin dem Kölner Express.

„Dieser Kampf liegt schon im ureigenen Interesse der Europäischen Union.“ Darüber hinaus benötige die Ukraine Hilfe in politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereichen, etwa bei ihren europäischen Reformen. „Wir brauchen einen 'Marshall-Plan' für die Ukraine“, sagte Klimkin. „Und wenn beim 'Marshall-Plan' nach dem 2. Weltkrieg die USA die Hauptrolle gespielt haben, könnte jetzt Deutschland bei dieser historischen Mission die Führung übernehmen.“

Merkel will am Samstag in Kiew bei Krisengesprächen mit Präsident Petro Poroschenko und Ministerpräsident Arseni Jazenjuk über Unterstützung sprechen. Die Ukraine hatte zuletzt um Waffenhilfe gebeten; dies lehnt der Westen aber ab. Ein Außenministertreffen unter Beteiligung Russlands, der Ukraine, Frankreichs und Deutschlands in Berlin am vergangenen Sonntag brachte bisher keine Ergebnisse.

Laut dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR sind mittlerweile mindestens 415.800 Menschen im Osten der Ukraine vor den Kämpfen geflohen. Rund 190.000 Menschen gelten demnach innerhalb der Ukraine als Vertriebene, mehr als 197.000 flüchteten nach Russland. Weitere rund 14.000 Menschen gingen den Angaben zufolge nach Polen und beinahe ebenso viele nach Weißrussland.

Raketentriebwerke für die USA

Ungeachtet der Ukraine-Krise hat Russland weitere Triebwerke für Satelliten-Trägerraketen in die USA geliefert. Eine Sprecherin der United Launch Alliance (ULA) erklärte am Donnerstag, die zwei RD-180 seien am Mittwoch am Werk im Bundesstaat Alabama angekommen. Damit verfügt das Gemeinschaftsunternehmen von Boeing und Lockheed Martin über 15 der russischen Triebwerke. Diese sollen für zwei Jahre reichen. Die Lieferung von drei weiteren sei für den Herbst geplant, sagte die Sprecherin.

Die RD-180 wird in „Atlas V“-Raketen eingesetzt, mit denen die amerikanische Raumfahrtbehörde Nasa und das US-Militär Satelliten ins All befördern. Die USA sind in diesem Bereich gegenwärtig von Russland abhängig. Experten zufolge könnte die Entwicklung eigener Raketenmotoren Jahre dauern und mehrere Milliarden Dollar verschlingen. Die US-Luftwaffe, die Regierung in Washington und auch die ULA prüfen jedoch angesichts der jüngsten Spannungen ein entsprechendes Programm. (rtr)

Die Ukraine und der Westen werfen Moskau die Unterstützung prorussischer Separatisten im Osten des Landes vor. Kiew bezeichnet die Rebellen, die sich heftige Kämpfe mit der Armee liefern, als Terroristen. Prorussische Separatisten haben in der umkämpften Ostukraine nach eigener Darstellung erneut drei Militärmaschinen abgeschossen. Der ukrainische Sicherheitsrat in Kiew bestätigte am Mittwochabend zunächst nur den Abschuss eines Kampfjets vom Typ Suchoi Su-25. Das Schicksal des Piloten sei unklar.

Boeing-Absturz

Die Aufständischen in der nicht anerkannten Volksrepublik Lugansk sprachen zudem von Abschuss zweier Militärhubschrauber vom Typ Mi-24. Die prorussischen Kräfte schießen seit Wochen auf die Flugzeuge der ukrainischen Luftwaffe. Die prowestliche Regierung in Kiew wirft den Separatisten vor, auch eine malaysische Passagiermaschine mit fast 300 Menschen an Bord Mitte Juni im Konfliktgebiet abgeschossen zu haben. Eine Expertenkommission untersucht den Absturz der Boeing.

In der Kampfzone warten Zehntausende Menschen noch immer auf humanitäre Hilfe. Mehrere Lastwagen eines russischen Konvois trafen am Abend am Grenzpunkt Donezk auf dem Gelände des ukrainischen Zolls ein. Andrej Lyssenko vom Sicherheitsrat in Kiew sagte, dass für die Einfuhr der Hilfsgüter noch immer Papiere fehlten. Er schloss einen Grenzübertritt der Lastwagen für diesen Donnerstag nicht aus.

Die 280 Lastwagen mit mehr als 2000 Tonnen Fracht warten seit Tagen auf die Einreise. Kremlchef Wladimir Putin und Poroschenko kommen am Dienstag (26. August) in Minsk bei einem Gipfel der von Moskau dominierten Zollunion zusammen. Große Hoffnungen auf ein Ende der Krise haben russische Experten nicht. „Dass alle Fragen, vom Gas bis zur Krim, geklärt werden, ist nicht realistisch“, sagte der Moskauer Politologe Fjodr Lukjanow der Zeitung Kommersant. Er halte eine rasche Einigung auf eine Waffenruhe für unwahrscheinlich.

Das Treffen Putins und Poroschenkos gilt dennoch als Schlüssel für einen Ausweg aus der Krise. Bei dem Gipfel der Zollunion in der weißrussischen Hauptstadt werden auch die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton sowie Energiekommissar Günther Oettinger und Handelskommissar Karel De Gucht erwartet. Die EU will in Minsk Bewegung in den brisanten Gasstreit zwischen Moskau und Kiew bringen. Russland hatte Mitte Juni die Gaslieferungen an die Ukraine eingestellt, weil diese ihre Rechnungen nicht beglich. Kiew droht seinerseits mit einem Transitstopp für russisches Öl und Gas nach Europa.

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13 Kommentare

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  • Ja, Leute Trude hat ein loses Mundwerk und sagt das und in der Art wie Ihr der Schnabel gewachsen ist . Das verstößt unter Umständen gegen geheuchelte Netiquette aber wenn jemand ein Arsch ist dann muss an ihn auch so nennen dürfen. Und wenn man manch Gedankenloses schon fast schlafwandelndes Wiederkäuen von Unbewiesenen, Vermutetem, irgend wo gehörten wenn ES im Fernsehen bzw. Zeitung oder Online Medium steht -dannn muss es ja wohl stimmen Mentalität so ertragen muss - da ist Trude mal der Kragen geplatzt

    EXTRABLATT gibt’s nur zu besonderen Anlässen (und Nachts ;-) - war schön Euch kennenzulernen -man sieht sich - vielleicht an der nächsten Straßenecke - sagt TRUEH.DE

    Vielleicht in neuem Gewande

  • Doku Teil2. Interview mit GOst W. Ruban von den Ukr. Streitkräften über die Lage in der Ostukraine

    Wenn sie auf demselben Maidan waren, warum stellen sie sich jetzt gegen dieselben Menschen, mit denen sie Seite an Seite gestanden haben?

    Weil die Leute, die auf dem Maidan waren, sich mit der Absetzung Janukowitschs zufriedengegeben haben. Weiter ist bisher keine einzige Forderung von damals erfüllt worden. Und die Leute im Donbass haben entschieden, bis zum Schluß zu kämpfen. Ihnen hat es nicht gereicht, daß Janukowitsch weg war, sie wollen reale Veränderungen im Land. Die meisten Punkte, die sie fordern, sind dieselben, die auch auf dem Maidan vorgetragen wurden.

    Das sieht aber ganz anders aus.

    Dafür muß man sich bei den Journalisten bedanken und bei all den anderen, die sie als Terroristen verschrien haben. Auch diejenigen, die sich den Begriff »Antiterroroperation« haben einfallen lassen, statt »Krieg« zu sagen.

    Aber Rußland erkennt das nicht als Krieg an …

    Was hat Rußland damit zu tun?

    Sind Sie etwa der Meinung, Rußland sei an diesem Konflikt nicht beteiligt?

    Haben Sie dort russische Truppen gesehen?

    Ich habe Soldaten aus Rußland gesehen.

    Haben Sie die Beteiligung russischer Truppen gesehen?

    Offiziell nicht.

    Sie werden sie auch inoffiziell nicht sehen, weil es dort keine gibt. Und sogar, wenn Sie irgendeinen Russen oder irgendeinen Soldaten gesehen haben, ist das noch keine Beteiligung Rußlands.

    Wie soll man das denn sonst nennen?

    Wie Sie wollen. Wissen Sie, daß auf beiden Seiten Söldner kämpfen?

    Ja.

    Auf beiden Seiten. Auf der ukrainischen und auf der Lugansker und Donezker Seite. Sagen Sie jetzt auch, daß Polen oder Schweden auf unserer Seite kämpfen? – Es gibt so einen traurigen Witz: »Rußland kämpft mit Amerika bis zum letzten Ukrainer.« Das kommt der Wahrheit sehr nahe. Aber das ist Geopolitik, und da werden die Entscheidungen ganz woanders getroffen. das gesamte Interview hier http://www.jungewelt.de/2014/08-22/024.php

  • Ihr die das Denken schon eingestellt habt, hört was der ukrainische General zu sagen hat

    Dokumentation Teil1. Interview der Ukrainskaja Prawda mit Generaloberst Wladimir Ruban von den Ukrainischen Streitkräften über die Lage in der Ostukraine

    … Antwort Ruban:

    Sind für Sie sechs Millionen Bewohner der Region um Donezk und Lugansk plötzlich zu Feinden geworden?

    Nein, friedliche Anwohner sind keine Feinde.

    Und die 15000, die bewaffnet sind – sind das für Sie Feinde?

    Alles in allem schon. Das sind schließlich Leute, die Leben und Gesundheit friedlicher Bürger bedrohen.

    Jede Armee bedroht Leben und Gesundheit friedlicher Bürger. Dafür gibt es sie. Offiziere, die die Militärakademie abgeschlossen haben, sind professionelle Mörder, oder ist Ihnen das neu? ...

    Für mich sind diese Menschen dort keine Feinde. Ihnen fällt das leicht, sie aus Ihrer Position als Feinde zu betrachten. Aber ich kenne diese Leute seit langem. Unter ihnen sind Offiziere, Afghanistan-Veteranen, mit denen wir gemeinsam gegen (den geputschten Präsidenten Wiktor; jW) Janukowitsch protestiert haben. Dort gibt es Leute, mit denen wir auf dem Maidan gestanden haben. Auf dem Euromaidan. Aber wir haben ihn nicht so genannt.

    Was meinen Sie mit »dort«?

    Auf der anderen Seite. Die mit den Georgsbändchen, in den Volksrepubliken Donezk und Lugansk.

    Diese Leute haben also mit Ihnen auf dem Maidan gestanden?

    Ja, und jetzt kämpfen sie gegen die ukrainische Armee. Es gibt jetzt zwei Seiten.

  • Sagen wie mal so.Hätte die Ukraine einen wie Putin statt ihrer unersättlichen diebischen Oligarchen oder vom Westen gekauften Beamten oder „Volksvertreter“ im Ring gehabt -passt Super zum Ukrainischen Parlament wo viele Sachen noch händisch gelöst werden ;-) säßen sie jetzt (mindestens) nicht so Tief in der Scheisse ...und auch in Russland werden Korrumpel geboren- sagt Trude

  • "Wir brauchen einen 'Marshall-Plan' für die Ukraine“, sagte Klimkin"

     

    Klimkin hat zu 100% Recht! Wenn wir die Ukraine nicht wirtschaftlich stabilisieren und zulassen dass Putins Plan - die Zerschlagung der Ukraine - aufgeht, dann gute Nacht Europa! Die nächsten Opfer sind weitaus kleiner aus die Ukraine, das wird für Putin ein Kinderspiel.

    • @Grübelnder0309:

      So so, Putin will die Ukraine zerschlagen? Wann hat er denn das gesagt? Geben Sie mal einen Link - meinentwegen auch auf Russisch, ich brauche keinen Dolmetscher. :-)

    • @Grübelnder0309:

      P.S. Klimkin wurde sogar in Russland geboren! Und auch die Muttersprache Klitschkos ist russisch, nicht ukrainisch. Viele in der Ukraine sind zwar pro-ukrainisch und pro-ukrainisch aber definitiv anti-Putin!

  • Der irrt Klimkin. Deutschland hat seit spätestens dem 8. Mai 1945 keine Obhutspflicht für Faschisten weder Ustaca, Banderabanditen,Feuerkreuzler oder Handschar streng genommen nicht einmal für die Renten der ex SS Helden in Lettland, Estland, Litauen und auch in der Ukraine auch wenn diese willigen Idioten damals die Drecksarbeit für die Deutschen (Faschisten) gemacht haben.

  • Jede Wette, dass "Mutti" Merkel für die Ukraine noch einige Mrd. locker macht, damit man wieder einen blöden mehr hat, der deutsche Exportartikel auf Pump kauft.

     

    Dafür kann man ja hier dann die Hartz-Sätze und die Renten kräftig kürzen und endlich auch auf dem Gaspreis neue Steuern draufschlagen.

  • Die brauchen keinen Marshall-Plan sondern einen Marshall, der die kriminelle Oligarchenbande hinter Schloss und Riegel bringt. Wenn dabei internationale Hilfe nötig ist, ja dann könnte man helfen.

    Nur, unsere Politik und Medien helfen lieber kriminellen Oligarchen.

    • @ko99421:

      :-)

  • da kann ich nur davor warnen vor dieser geschmacklosigkeit

  • Wie dumm müssen die Deutschen in der Wahrnehmung des ukrainischen Außenministers sein, wenn er glaubt, dass nur ein paar Sprüche, wie

     

    Terorrismusbekämpfung und Marschallplan

     

    genügen, um den Krieg gegen das eigene Volk zu rechtfertigen.