Krise in der Ukraine: Telefonat mit Moskau
Putin und Poroschenko sprechen über die Lage in der Ostukraine. Unterdessen ist in Kiew das neu gewählte Parlament zusammengetreten.
KIEW/MOSKAU rtr/dpa | Die Präsidenten Russlands und der Ukraine, Wladimir Putin und Petro Poroschenko, haben in einem Telefonat nach Angaben der Regierung in Moskau die Lage im Südosten der Ukraine erörtert. Außerdem sei es in dem Gespräch am Mittwochabend um die Beziehungen der beiden Nachbarstaaten gegangen. Die Unterredung sei auf Initiative der Ukraine zustande gekommen, teilte die russische Führung am Donnerstag weiter mit. Weitere Details wurden nicht genannt.
Im Osten der Ukraine tobt seit Monaten ein Konflikt zwischen der Regierung in Kiew und prorussischen Separatisten. Die Gewalt hält trotz einer im September vereinbarten Waffenruhe an. Die Ukraine wirft Russland vor, die Rebellen militärisch zu unterstützen. Die Moskauer Regierung weist dies zurück. Einen Monat nach dem Wahlsieg prowestlicher Kräfte ist das Parlament der krisengeschüttelten Ukraine erstmals zusammengetreten. Im Beisein von Präsident Petro Poroschenko wollten die Abgeordneten während der Eröffnungssitzung am Donnerstag in Kiew auch über den Regierungschef abstimmen. Ministerpräsident Arseni Jazenjuk bleibt an der Spitze einer proeuropäischen Koalition wohl im Amt. Fünf Parteien hatten sich nach der Wahl auf ein Bündnis verständigt, darunter der Block von Präsident Poroschenko und die Volksfront von Jazenjuk.
In der Obersten Rada säßen vorerst nur 418 von ursprünglich 450 Abgeordneten, sagte Parlamentspräsident Alexander Turtschinow. Die übrigen Plätze blieben frei, weil Teile der umkämpften Ostukraine sowie die im März von Russland einverleibte Schwarzmeer-Halbinsel Krim an der Wahl nicht teilnehmen konnten.
Umfassende Reformen gefordert
EU-Nachbarschaftskommissar Johannes Hahn sprach zu Beginn eines zweitägigen Besuchs in Kiew mit Vertretern aller Parteien über die Krise im Land. Der Österreicher lotete auch die Chancen für eine weitere Annäherung des Landes an die EU aus.
Der Ostausschuss der deutschen Wirtschaft dringt auf Reformen in der Ukraine. Diese seien die Voraussetzung dafür, das Vertrauen in- und ausländischer Investoren zurückzugewinnen und eine wirtschaftliche Erholung einzuleiten, sagte der Vorsitzende des Ostausschusses, Eckhard Cordes, am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters.
Cordes zeichnete ein desolates ökonomisches Bild des Landes. „Die ukrainische Wirtschaft dürfte in diesem Jahr um acht bis zehn Prozent schrumpfen, die Währung hat seit Jahresbeginn 80 Prozent an Wert verloren, und die Währungsreserven sind auf dem niedrigsten Stand seit 2008“, sagte er.
„Vor dem Hintergrund der tiefen Wirtschaftskrise muss die neue ukrainische Koalitionsregierung dringend umfassende und belastbare Reformschritte unternehmen“, sagte Cordes. Die neue Regierung müsse zeigen, dass beschlossene Gesetzen etwa gegen Korruption auch umgesetzt würden. „Aber auch eine deutliche Steigerung der Energieeffizienz, Subventionsabbau, Strukturwandel und Stärkung des Finanz- und Banksystems sowie die Förderung des Mittelstands sind wichtige Reformthemen.“
Cordes begrüßte die trilateralen Verhandlungen zwischen EU, der Ukraine und Russland über die Folgen des EU-Assoziierungsabkommens. „Die EU, Russland und die Ukraine sind in der Lage, am Verhandlungstisch für alle Seiten akzeptable Lösungen zu erreichen“, sagte er. In diesem Format sollte auch über andere politischen und wirtschaftlichen Streitthemen gesprochen werden.
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