Krise in Spanien: Jetzt auch noch Deflation

In Spanien fallen die Preise. Und immer neue faule Kredite werden bekannt: Jetzt sind die privaten Autobahnen pleite und müssen vom Staat übernommen werden.

Geschlossenes Kino in Madrid. Bild: ap

MADRID taz | Die Preise in Spanien sinken: Das Krisenland rutscht erstmals seit 2009 wieder in die Deflation. Wie das Nationale Statistische Amt bekannt gab, sanken die Preise im März um 0,2 Prozent.

Spanien kämpft schon länger gegen die Deflation, was von der EU-Kommission in Brüssel besorgt beobachtet wird. Denn bei fallenden Preisen wird es immer schwieriger, Schulden zu bedienen oder neue Kredite aufzunehmen. Niemand investiert mehr, was wiederum die Wirtschaft abwürgt.

Auch andere Krisenstaaten wie Griechenland oder Italien drohen in eine dauerhafte Deflation abzurutschen. Daher wird damit gerechnet, dass die Europäische Zentralbank demnächst die Eurozone mit Geld fluten könnte, indem sie ein Aufkaufprogramm für Staatsanleihen beschließt. Die nächste EZB-Ratssitzung ist am Donnerstag.

In Spanien sind vor allem die Preise für Lebensmittel eingebrochen, denn die Kunden müssen sparen. Die Haushaltseinkommen sind seit Beginn der Krise um rund 10 Prozent zurückgegangen. Wer im öffentlichen Dienst arbeitet, muss auf 5 bis 10 Prozent seines Gehalts sowie auf Weihnachtsgeld verzichten. Die Renten werden nicht mehr angepasst.

184 Wohnungen täglich geräumt

Die Arbeitslosigkeit liegt noch immer bei 26 Prozent. Rund 40 Prozent der Arbeitslosen erhalten keinerlei Bezüge mehr, weil sie zu lange ohne Job sind. Bei sieben der 46 Millionen Spanier reicht das Einkommen nicht, um ordentlich zu heizen. „Energiearmut“ heißt das Schlagwort, das diesen Winter die Runde macht.

Die faulen Kredite nehmen weiterhin zu. 2013 wurden täglich 184 Wohnungen und andere Immobilien richterlich zwangsgeräumt. Dies ist jedoch keine Lösung der Finanzprobleme: Die Betroffenen verlieren zwar ihre Wohnung, aber ihre Schulden behalten sie. Denn die Bank nimmt die Immobilie zum jetzigen Marktpreis zurück, der um mehr als 30 Prozent unter dem Niveau liegt, das vor der Krise üblich war.

Dennoch hofft die konservative Regierung unter Mariano Rajoy, dass demnächst ein Aufschwung einsetzt – möglichst noch vor den Europawahlen. Der Optimismus des Ministerpräsidenten stützt sich vor allem auf den steigenden Export, der 2013 ein Plus von 5,2 Prozent 2013 verzeichnete. Spanien ist damit nach Deutschland das erfolgreichste Euroland, was den Verkauf von Produkten im Ausland angeht. „Spanien entwickelt sich nach und nach zu einem Low-Cost-Land“, urteilt der Vorsitzende der Gewerkschaft CCOO, Ignacio Fernández Toxo. Denn der Erfolg im Außenhandel geht auf sinkende Löhne zurück.

Seit Beginn der Krise 2007 stiegen die Löhne knapp 9 Prozent, die Inflation liegt bei 13,5 Prozent. Eine Arbeitsmarktreform ermöglicht es Unternehmern, Löhne zu drücken. Der Kaufkraftverlust senkt die Produktionskosten, lässt aber auch die Binnennachfrage zurückgehen. Die Gewerkschaften gehen davon aus, dass es mindestens zehn bis fünfzehn Jahre dauern wird, bis Spanien wieder das Vorkrisenniveau erreicht.

94 Prozent Staatsverschuldung

Auch der Staatshaushalt ist weit davon entfernt, sich zu erholen. Das Haushaltsdefizit lag 2013 bei 6,6 Prozent. Die Staatsverschuldung betrug vor der Krise 40 Prozent der Wirtschaftsleistung – und erreicht inzwischen stolze 94 Prozent, obwohl die Regierung drastisch spart. Aber die Steuerausfälle durch den Konjunktureinbruch, die Bankenrettungen und die zeitweise hohen Zinsen für spanische Staatsanleihen haben die Defizite nach oben schnellen lassen.

Jetzt sollen auch die privaten Autobahnen mit öffentlichen Geldern übernommen werden: Über 4 Milliarden Euro will die Regierung ausgeben, um die Mautstraßen in Madrid und am Mittelmeer zu „renationalisieren“. Sie wurden in den Jahren des Booms von großen Baukonzernen gebaut, werden aber jetzt in der Krise von den Spaniern kaum genutzt. Die Mauteinnahmen decken die Zinsen nicht mehr. Der Staat will die Straßen übernehmen, um damit indirekt die Gläubigerbanken zu retten.

Die kirchliche Caritas kritisiert diese Politik der Konservativen. Nach einer neuen Studie ist Spanien gleich nach Rumänien das europäische Land mit der höchsten Kinderarmut. Und 700.000 Haushalte haben keinerlei Einkommen. „Mit 2,6 Milliarden Euro könnte diese Situation behoben werden. Das ist deutlich weniger, als die Übernahme der Autobahnen kostet“, beschwert sich die Caritas.

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