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Krise in BurundiMachtkampf in der Armee

Derzeit häufen sich Anschläge und nächtliche Schusswechsel. Vor allem in der Hauptstadt Bujumbura wird die Lage unübersichtlicher.

Burundis Präsident Pierre Nkunrunziza bei seiner Amteinführung im August. Foto: ap

Berlin taz | Die politische Gewalt in Burundi nimmt gefährlich zu. Am Freitag morgen entging Generalstabschef Prime Niyongabo nur knapp einem Mordanschlag. Vier seiner Leibwächter starben, als Bewaffnete auf sein Auto an einer Brücke über einen kleinen Fluss in der Hauptstadt Bujumbura das Feuer eröffneten.

Der General selbst überlebte den burundischen Berichten zufolge nur, weil zufällig ein Kleinbus mit Polizisten vorbeifuhr, dessen Insassen die Angreifer sofort in ein Feuergefecht verwickelten. Zwei Angreifer und einer der Polizisten wurden dabei erschossen.

Die beiden toten Angreifer und ein festgenommener Komplize seien aktive Soldaten gewesen, erklärte später ein Geheimdienstverantwortlicher gegenüber Journalisten.

Damit wäre der Anschlag auf General Niyongabo Ausdruck eines Machtkampfes innerhalb der Armee. Burundis Militär ist tief gespalten, seit hohe Generäle im Mai versuchten, Präsident Pierre Nkurunziza zu stürzen, und von loyalen Teilen der Armee zurückgeschlagen wurden. Manche der Putschisten vom Mai sind mittlerweile im Exil oder im Untergrund und sprechen vom bewaffneten Kampf gegen Nkurunziza, dessen umstrittene Wiederwahl zu einer dritten Amtszeit im Juli Burundi in eine tiefe Krise gestürzt hat.

Schutz durch Polizei und Jugendmiliz

Der Präsident verlässt sich für seine Sicherheit nicht mehr auf die Armee, sondern auf Polizei und Jugendmilizionäre seiner Partei CNDD-FDD (Nationalkomitee/Kräfte zur Verteidigung der Demokratie), eine ehemalige Hutu-Rebellenbewegung.

Erst am vergangenen Dienstag hatten unbekannte Bewaffnete eine Armeebasis in Kiyenzi rund 20 Kilometer außerhalb von Bujumbura angegriffen. Offiziell gab es lediglich drei Tote, aber burundische Medien sprechen von 20 bis 50 Toten mit hohen Opferzahlen auf beiden Seiten. Unabhängigen Quellen zufolge finden seitdem massive Razzien und Verhaftungen in den umliegenden Ortschaften statt.

Es wird spekuliert, dass dieser Angriff von in den Untergrund gegangenen Soldaten verübt worden sein könnte, wofür es allerdings keine Bestätigung gibt. Die Gegend ist auch eine Hochburg der mit der CNDD-FDD rivalisierenden anderen früheren Hutu-Rebellenbewegung FNL (Nationale Befreiungsfront).

FNL-Führer Agathon Rwasa nahm zwar anders als alle anderen wichtigen Oppositionspolitiker Burundis an den Präsidentschaftswahlen vom Juli teil und wurde dafür mit dem Posten des Parlamentspräsidenten belohnt, aber nicht alle seine Anhänger sind damit offenbar einverstanden: im Internet zirkulierende Videos zeigen schwerbewaffnete FNL-Einheiten im Busch, die wieder zum Krieg aufrufen.

Katz-und-Maus-Spiel

So wird die Lage in Burundi zunehmend unübersichtlich. Journalisten in der Hauptstadt melden seit einiger Zeit wieder eine deutliche Zunahme nächtlicher Schusswechsel in oppositionellen Stadtteilen, wo sich Polizei und oppositionelle Milizen ein Katz-und-Maus-Spiel liefern. Zuweilen würden ganze Stadtteile tagelang abgeriegelt und Menschen würden verschwinden, heißt es.

Auch politische Morde gibt es weiterhin. Am Montag wurde der Oppositionspolitiker Pierre Gahungu, Sprecher der Oppositionspartei UPD (Union für Frieden und Entwicklung) und Jugendsprecher des größten zivilen Oppositionsbündnisses von Burundi, vor seinem Haus erschossen, nachdem er einen Prozess gegen eine staatliche Behörde gewonnen hatte. UPD-Präsident Zedi Feruzi war bereits am 23. Mai auf ähnliche Weise zu Tode gekommen. Seine Beisetzung sorgte damals für Massenproteste.

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