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Krise in BurundiAnschlag auf Menschenrechtler

Sorge vor einer Spirale der Gewalt: Der profilierte Aktivist Pierre Claver Mbonimpa wird bei einem Mordversuch schwer verletzt.

Die Lage in Burundi bleibt angespannt. Foto: dpa

BERLIN taz | Einer der bekanntesten Menschenrechtsaktivisten Burundis ist bei einem Attentat schwer verletzt worden. Pierre Claver Mbonimpa, der sich seit vielen Jahren für politisch Verfolgte und Opfer von Polizeiwillkür in Burundi einsetzt, wurde in seinem Auto von mehreren Kugeln getroffen, als er sich am späten Montagnachmittag auf dem Heimweg von einem Treffen mit einer Delegation der Afrikanischen Union (AU) in der burundischen Hauptstadt Bujumbura befand. Er wurde sofort in ein Krankenhaus auf die Intensivstation gebracht. Sein Zustand galt am Dienstag morgen als kritisch, aber stabil.

2001 gründete Mbonimpa und leitet seitdem den Verband zum Schutz der Menschenrechte und der Inhaftierten (Aprodh), der sich vor allem für die Rechte von Häftlingen in Burundi einsetzt. Im Laufe der Jahre hat er sich zu einem der profiliertesten parteiunabhängigen Kritiker von Staatsterror und Justizwillkür des Landes entwickelt.

In einem taz-Interview kurz vor den umstrittenen Präsidentschaftswahlen vom 26. Juli hatte Mbonimpa der Jugendmiliz Imbonerakure der burundischen Regierungspartei vorgeworfen, die Bevölkerung zu „terrorisieren“, und einen neuen Bürgerkrieg in Burundi als „möglich“ bezeichnet.

Der Anschlag auf Mbonimpa gilt als Rache für die Ermordung des Ex-Geheimdienstchefs und Imbonerakure-Organisators Adolphe Nshimirimana am Sonntag. Während der General von Uniformierten getötet worden war, fiel Mbonimpa offensichtlich Milizionären zum Opfer: Ein Motorrad mit Fahrer und Passagier überholte das Auto des Menschenrechtlers und der Passagier eröffnete mit einer Pistole das Feuer. Der Anschlag ereignete sich im Stadtteil Kinama, eine Hochburg der heute regierenden ehemaligen Hutu-Rebellen.

Der US-Sonderbeauftragte für das Afrika der Großen Seen, Tom Perriello, sagte, er sei über das Attentat „entsetzt“; die belgische Regierung erklärte, sie sei „empört“. Aus Angst, die Mörder würden ihren Job im Krankenhaus zuende bringen, wechselten sich am Montagabend ausländische Diplomaten an Mbonimpas Krankenbett ab. Zwei Sicherheitskräfte der AU hielten Wache, bis eine Sondereinheit der Polizei den Schutz des Patienten übernahm. Seinen Angehörigen zufolge stecken noch Kugeln in seinem Kopf und Rachen und er müsste ausgeflogen und notoperiert werden.

Sorge vor einer Spirale aus Rache und Gewalt breitet sich aus. Die Nacht zum Dienstag war in Bujumbura schweres Gewehrfeuer zu hören. Am Tag gab es weitere Schießereien in der Innenstadt. Ein Armeeoberst und ein Kasernenchef sollen am Dienstag bei Attentaten verletzt worden sein.

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