Krise des Einzelhandels: Wumms bleibt oft weg

Weniger Steuern, mehr Konsum – mit dieser Formel wollte die Bundesregierung dem Einzelhandel aus der Krise helfen. Doch sie geht selten auf.

Überfüllte Fussgängerzone

Nur ein kleiner Teil der Händler profitiert von dem Steuergeschenk Foto: Ralph Peters/imago

BERLIN taz | „C&A mit Wumms aus der Krise“ steht auf Plakaten, die die Schaufenster von Filialen der Kleidungskette zieren. Darüber ein Bild von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD). Doch der Wumms lässt auf sich warten.

Der Slogan bezieht sich auf einen Ausspruch von Scholz Anfang Juni. „Wir wollen mit Wumms aus der Krise kommen“, sagte er nach der Einigung der Bundesregierung auf ein milliardenschweres Konjunkturpaket. Unter anderem soll eine Mehrwertsteuersenkung die Konsumlust der Verbraucher anheizen.

Tatsächlich profitiert nur ein kleiner Teil der Händler von dem Steuergeschenk: 13 Prozent der Unternehmen – den Lebensmittelhandel ausgenommen – bewerteten bei einer Umfrage des Handelsverbands Deutschland (HDE) die Senkung als wirksam. Die Unterschiede zwischen den Branchen sind dabei groß. Das zeigt eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur.

Besonders wenig scheint die Steuersenkung den Kleidungsgeschäften zu bringen: „Der Bekleidungsindustrie geht es deutlich am schlechtesten, es werden keine Nachholeffekte spürbar“, sagt HDE-Sprecher Stefan Hertel.

Eine besondere Herausforderung

Nach wie vor würden durch die Pandemie weniger Menschen in die Städte zum Einkaufen gehen. Und auch die unsichere Situation vieler Menschen auf dem Arbeitsmarkt wirke den Effekten der Senkung entgegen, erklärt Hertel. Da die Ware der Bekleidungsbranche „verderblich“ sei, weil sie saisonal abhängig ist, stehe diese vor einer besonderen Herausforderung, so der Verbandssprecher.

„Der Wumms, den man von der Mehrwertsteuersenkung erwartet hat, ist bei uns im Modehandel nicht angekommen“, sagt auch Rolf Pangels, Chef des Handelsverbands Textil (BTE). Bei den 30, 40 oder 50 Prozent Rabatt, die im Modehandel zu dieser Jahreszeit üblich seien, gehe die Steuersenkung um 3 Prozentpunkte einfach unter. „Im Grunde verpufft das bei uns“, sagt er.

Die Möbelindustrie dagegen profitiert mehr davon. „Bei Möbeln spielt die Umsatzsteuer eine Rolle“, sagt Jan Kurth, Chef des Verbands der deutschen Möbelindustrie (VDM). „Wenn Sie bei einer Küche ein paar Hundert Euro sparen können, macht sich das bemerkbar.“ Das bringe „den einen oder anderen“ zu einer Anschaffung.

Dem Marktforschungsinstitut Gfk zufolge wirkt die Mehrwertsteuersenkung kurzfristig wie anvisiert. „Die Verbraucher beabsichtigen offenbar, geplante größere Anschaffungen vorzuziehen, was dem Konsum in diesem Jahr hilft“, sagt GfK-Konsumexperte Rolf Bürkl. Doch die Händler müssen sich darauf einstellen, dass sich dies wieder ändern könnte, wenn ab Januar 2021 der ursprüngliche Mehrwertsteuersatz gilt. (mit dpa)

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