Kriegsverbrecherprozess in Bangladesch: Abgeordneter zum Tode verurteilt
Am Dienstag wurde erstmals ein Parlamentarier wegen Kriegsverbrechen während des Unabhängigkeitskriegs schuldig gesprochen. Das Strafgericht bleibt umstritten.
DHAKA afp | In Bangladesch ist am Dienstag erstmals ein Abgeordneter wegen Kriegsverbrechen während des Unabhängigkeitskriegs 1971 zum Tode verurteilt worden. Salauddin Quader Chowdhury sei vom Internationalen Strafgericht (ICT) in neun Anklagepunkten Kriegsverbrechen einschließlich Völkermord für schuldig befunden und zum Tode verurteilt worden, sagte Generalstaatsanwalt Mahbubey Alam. Chowdhury gehört zur Führung der wichtigsten Oppositionspartei, der Bangladesh National Party (BNP).
Der 64-Jährige, der bereits die sechste Legislaturperiode im Parlament sitzt, ist der erste Abgeordnete, der von dem Gericht verurteilt wurde. Die Staatsanwälte hatten ihn als kaltblütigen Mörder beschrieben, der mehr als 200 Hindus tötete. Der 64-Jährige warf dem Gericht vor, auf Anweisung der Regierung zu handeln.
„Dieses Urteil kommt aus dem Justizministerium. Das Urteil war seit gestern im Internet verfügbar“, sagte er. Seine Partei und ihre islamistischen Verbündeten werfen der regierenden Awami League vor, ihre Gegner mittels des Gerichts ausschalten zu wollen.
Seit Januar hat das umstrittene Strafgericht sieben Menschen, darunter sechs Islamisten, wegen Verbrechen während des Kriegs 1971 verurteilt, der zur Loslösung Bangladeschs von Pakistan führte. Während der Kämpfe wurden nach offiziellen Angaben bis zu drei Millionen Menschen getötet und 200.000 Frauen vergewaltigt, viele davon durch islamistische Milizen, die mit der pakistanischen Armee kooperierten. Unabhängige Schätzungen geben die Zahl der Toten mit 300.000 bis 500.000 an.
Unter den bisher verurteilten Islamisten ist auch der Generalsekretär der einflussreichen islamistischen Partei Jamaat-e-Islami, Ali Ahsan Mohammad Mujahid. Er wurde Mitte Juli wegen Entführung und Mordes zum Tode verurteilt. Der 90-jährige geistige Parteiführer Ghulam Azam erhielt seinerseits 90 Jahre Haft.
Mitte September wurde auch Abdul Quader Molla, ein weiterer führender Politiker der Jamaat-e-Islami, zum Tode verurteilt. Die Urteile lösten gewaltsame Proteste aus, bei denen mehr als hundert Menschen starben. Es waren die schwersten Unruhen seit der Unabhängigkeit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag