Kriegsschiffe in Hamburg: Graue Diplomaten laufen ein
Zum ersten Mal besuchen Kriegsschiffe aus der Volksrepublik China einen zivilen deutschen Hafen. Hamburger Gastgeber hoffen nicht zuletzt auf Geschäfte.
HAMBURG taz | „Die Flagge folgt dem Handel!“ Dieser alten maritimen Regel folgt nun auch Exportweltmeister China. Am Montag legte der 18. chinesische Flottenverband unter Führung des Konteradmirals Zhang Chuanshu im Hamburger Hafen an – der erste Besuch der roten Marine in einem zivilen Hafen in Deutschland. Entsprechend hoch sind die Erwartungen: Auf dem langen Programm steht am heutigen Dienstag ein Senatsempfang bei Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) sowie Arbeitsgespräche mit Spitzen der Deutschen Marine.
Begeistert begrüßt wurde das Flaggschiff „Chang Beishan“ auf der Überseebrücke von etwa 500 geladenen Chinesen. Konteradmiral Zhang Chuanshu betonte auf seiner Pressekonferenz an Bord die „sehr engen Beziehungen“ zu Deutschland. Den ersten offiziellen Flottenbesuch hierzulande stellte er in eine Linie mit den Visiten von Präsident Xi Jinping und Premierminister Li Keqiang im vergangenen Jahr. Neben der „militärischen Kooperation“ gebe es viele Möglichkeiten zur „Interaktion“ – etwa im wirtschaftlichen Bereich.
Enge Beziehungen zur Volksrepublik
Der Besuch erfolge auf Einladung Hamburgs sowie der Deutschen Marine, sagte der Kommandeur des Marinekommandos Hamburg, Kapitän zur See Michael Setzer. „Hier bestehen enge wirtschaftliche Beziehungen zur Volksrepublik.“ Es werde Gespräche mit Vertretern aus Wirtschaft, Politik, Kultur und Gesellschaft im Rathaus und auf dem chinesischen Flaggschiff geben. Setzer sieht bis Samstag „viele Gelegenheiten zu zivil-militärischen Dialogen“.
Das Tor zur Welt gilt als Einfallstor Chinas in Europa: Mehr als 500 Firmen aus der Volksrepublik sind in und von Hamburg aus aktiv. Vom "Standort Nummer eins in Europa" schwärmt Hamburgs Handelskammer.
Bereits 1984 sei an der Elbe die China United Trading Corporation als chinesischer "Brückenkopf" nach Europa gegründet worden. Die Kammer lobt die "kontinuierliche Unterstützung" durch den Senat.
Die deutsche Wirtschaft profitiert ebenfalls: Die Warenexporte nach China stiegen laut Statistischem Bundesamt zwischen 2000 und 2013 von 9,5 auf 66,9 Milliarden Euro - mehr als die Hälfte davon läuft heute über den Hamburger Hafen. Eine Folge ist dessen Abhängigkeit: Rund 30 Prozent seines Containerumschlag macht Hamburg mit China.
Flottenbesuche gelten als diplomatische Missionen, die sowohl politische Macht demonstrieren als auch wirtschaftliche Zusammenarbeit vorantreiben sollen. Die drei Schiffe hatten zuvor an einer Anti-Piraterie-Operation im Golf von Aden teilgenommen und mit Einheiten der EU, der Nato und der USA zusammengewirkt.
Territoriale Forderungen im Pazifik unterstreichen
Seit den 2000er-Jahren baute China zunächst gezielt seine Handelsflotte aus. Die staatlichen Werften überholten bei den Ablieferungen neuer Frachter traditionelle Schiffbauländer wie Deutschland, Japan und Südkorea. Bis vor kurzem hatte sich die Marine der Volksrepublik China weitgehend auf den Schutz der eigenen Küste beschränkt. Inzwischen dienen Kriegsschiffe aber auch dazu, territoriale Forderungen im Pazifik zu unterstreichen, etwa gegenüber Japan, den Philippinen oder Vietnam.
Währenddessen dehnt sich der Aktionsradius der grauen Diplomaten in den Westen aus. China soll nach einem Beschluss der Kommunistischen Partei militärische „Seemacht“ werden. Begründet wird dies mit der Abhängigkeit vom internationalen Handel, der zu mehr als 90 Prozent über das Meer führt, und der zunehmenden Bedeutung von Öl und Rohstoffimporten aus Südamerika, Afrika und dem Persischen Golf.
Das Flaggschiff "Chang Beishan", ein Docklandungsschiff, und die Fregatte "Yun Cheng" lassen am Donnerstag, 22. Januar, ihre Gangways für die Öffentlichkeit herunter und können besichtigt werden.
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