Krieg in Syrien: Waffenruhe steht auf der Kippe
Die UN haben die Friedensgespräche von Russland und der Türkei abgesegnet. Aber dass alle zur Verhandlung kommen, scheint fraglich.
Genau das könne aber als nächsten geschehen. Denn in der Erklärung heißt es weiter, dass sich die Rebellen nicht mehr an den Waffenstillstand halten wollen, „wenn das Regime weiter schießt und fortfährt, den Waffenstillstand im großen Stil zu verletzen“.
Jede weitere Gebietseroberung seitens der Armee und den vom Iran unterstützen Milizen, bedeute ein Ende der Waffenruhe, warnen sie in einem Statement, das von Gruppen unter der Schirmherrschaft der Freien Syrischen Armee unterzeichnet ist.
Konkret geht es laut der Erklärung um die Kämpfe in Wadi Barada, einem Gebiet 15 Kilometer von der Hauptstadt Damaskus entfernt, wo die Regimetruppen, unterstützt von Hisbollah-Kämpfern aus dem Libanon, versuchen vorzurücken. Laut Rebellen soll Wadi Barada trotz Waffenstillstand weiter mit Fassbomben bombardiert worden sein.
Es geht ums Trinkwasser für Damaskus
Das Gebiet ist von großer strategischer Bedeutung, denn von dort kommt das Trinkwasser für vier Millionen Menschen in Damaskus. Wadi-el-Barada liegt auch in unmittelbarer Nähe eines wichtigen Versorgungsweges zwischen Syrien und dem Libanon, über den der Nachschub der Hisbollahmilizen läuft.
Das von den Rebellen kontrollierte Wadi Barada ist seit Mitte 2015 relativ isoliert. Im Dezember haben die Regierungstruppen den Belagerungsring enger gezogen mit dem Ziel, dort einen ähnlichen Deal wie in Ost-Aleppo durchzusetzen. Dem kam dann der landesweite Waffenstillstand zuvor, der nach der Evakuierung Ost-Aleppos in Kraft getreten ist.
Mit den Kämpfen um Wadi Barada ist die gesamte Waffenruhe in Gefahr. Das Regime und seine iranischen Unterstützer scheinen dieses Risiko eingehen zu wollen, um das Kräftegleichgewicht rund um Damaskus in ihrem Sinne zu verändern. Die Frage ist, wie sich Russland und die Türkei verhalten, die eigentlich die Garanten für diesen Deal sind.
In jedem Fall ist jetzt Russlands großer diplomatischer Erfolg als „Friedensmacher“ in Syrien gefährdet, nachdem der UN-Sicherheitsrat am Wochenende den Waffenstillstandsdeal und die geplanten Friedensgespräch in Astana, der Hauptstadt Kasachstans, abgesegnet hatte. Offen bleibt auch, wie lange die Türkei die von ihnen unterstützten Rebellengruppen noch davon abhalten kann, den Waffenstillstandsdeal, wie von ihnen angekündigt für null und nichtig erklären, wenn die Kämpfe um Wadi Barada weitergehen.
Russland im syrischen Minenfeld
Der Waffenstillstandsdeal hatte von Anfang an zwei Schwachpunkte: Das Regime, das sich militärisch im Aufwind sieht, hat ein großes Interesse, die Gunst der Stunde zu nutzen und die Lage rund um die Hauptstadt in seinem Sinne militärisch zu „bereinigen“.
Der zweite Schwachpunkt liegt darin, dass die Waffenruhe zwar theoretisch landesweit gilt, dass aber Gruppierungen wie der IS, der kurdische PKK-Ableger YPG und die Jabha Fath-al-Sham (JSF), die Nachfolge-Organisation der al-Qaida-nahen Nusra-Front explizit davon ausgeschlossen sind.
Während sich die von IS und von den Kurden kontrollierten Gebiete relativ einfach geografisch eingrenzen lassen, ist es an manchen Orten schwer, die JSF und die anderen Rebellengruppen, die nicht angegriffen werden dürfen, auseinander zu dividieren.
Moskau hat sich die Prämisse des Assad-Regimes zu eigen gemacht, die alle Gegner als Terroristen bezeichnet. Nun steht Russland als Garant des Waffenstillstands mit sieben moderaten Rebellengruppen, die das russische Verteidigungsministerium selbst benannt hat, in der Pflicht.
Auch Russland weiß, dass sich die syrischen Widersprüche am Ende nicht allein militärisch, sondern nur politisch lösen lassen und dass man dafür Gesprächspartner braucht. Den kann man aber nicht gleichzeitig als „Terroristen“ diskreditieren. Damit steht Russland mitten im syrischen Minenfeld.
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