Krieg in Mali: Raus aus dem Krieg
Die drei großen Städte Nordmalis sind aus der Hand der Islamisten befreit. Jetzt wird über eine schnelle Rückkehr zur politischen Normalität diskutiert. Zu schnell?
BAMAKO taz | Jetzt soll es ganz schnell gehen: Bis spätestens 31. Juli 2013 soll in Mali ein neues Staatsoberhaupt gewählt werden – in freien und fairen Wahlen. Das hat Interimspräsident Dioncounda Traoré diese Woche angekündigt. Er will raus aus Krise und Krieg und zurück zur Demokratie.
Sechs Monate sind dafür allerdings knapp bemessen. Mehr als 412.000 Menschen haben im vergangenen Jahr den Norden Malis verlassen. Es gilt als sehr unwahrscheinlich, dass sie alle in den kommenden sechs Monaten zurückkehren werden. Auch wenn die drei nordmalischen Distrikthauptstädte Gao, Timbuktu und Kidal nach dem Einmarsch französischer Truppen als „befreit“ bezeichnet werden, bedeutet das nicht automatisch, dass die Menschen sich auch sicher fühlen.
Amalé Témé, der von Gao nach Mopti geflohen war, tut es nicht. Für ihn ist beispielsweise völlig unklar, wann staatliche Behörden, etwa die Polizei, wieder funktionieren. Und er steht noch vor einem ganz anderen Problem: Die Schule, in der er gearbeitet hat, ist zerstört worden. „Ohne Arbeit ist es doch sinnlos, wieder nach Hause zu gehen.“
Laut Annette Lohmann, Leiterin der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bamako, müssten deshalb nun erst einmal die Flüchtlinge registriert werden. Besonders schwierig dürfte sich das bei jenen in den Nachbarländern gestalten. Allein nach Mauretanien sollten sich mehr als 108.000 Menschen gerettet haben. Vor Wochen war bereits darüber spekuliert worden, ob die Flüchtlinge auch in den Camps wählen könnten.
Unvollständig und unzuverlässig
Auch ansonsten bereitet die geplante Wahl große Schwierigkeiten. Das Wahlregister gilt als unvollständig und unzuverlässig. Ändern könnte das die geplante biometrische Wählerkarte, über die in Mali schon seit einer ganzen Weile diskutiert wird. Aber auch das braucht Zeit.
Dennoch sind Interimspräsident Traoré und Premierminister Diango Cissoko unter Zugzwang. Denn die Wahlen bedeuten nicht nur einen Schritt zurück zur demokratischen Ordnung. Mit den Wahlen könnten nun endlich wieder ausländische Hilfsgelder ins Land fließen.
Diese waren seit dem Staatsstreich vom 22. März 2012 weitgehend ausgeblieben. Da dem Land eine demokratisch legitimierte Regierung fehlte, stellten viele internationale Geber ihre finanzielle Unterstützung ein.
„Es hat sich um Gelder gehandelt, die unser Land gerade in der Krise dringend gebraucht hätte“, sagt Badiè Hima, Direktor des Nationalen Demokratie-Instituts in Bamako. Doch Geld gab es höchstens noch für laufende Projekte oder für Nothilfe, um Flüchtlinge und Vertriebene aus dem Norden zu unterstützen. Ende vergangenen Jahres hieß es in Bamako: Der Staat schaffe es gerade, die laufenden Ausgaben zu decken. Für Hima ist der finanzielle Aspekt enorm wichtig. „Wenn unsere Partner sehen, dass wir auf dem richtigen Weg sind, werden sie uns auch finanziell wieder unterstützen.“
Und noch etwas ist wichtig, findet Badiè Hima: „Wir brauchen Programme zur Versöhnung.“ Denn nur so könne sich das Land tatsächlich von Krise und Krieg erholen. So wird nach einer Strategie für den Umgang mit den Gruppen im Norden gesucht, deren Aufstand gegen die Zentralregierung vor einem Jahr überhaupt erst die Machtergreifung durch die Islamisten möglich gemacht hatte. Als verhandlungsfähig hat Übergangspräsident Traoré in einem Interview nur die Tuareg-Rebellenarmee MNLA (Befreiungsbewegung von Azawad) bezeichnet. Bedingung sei jedoch, dass sie auf Gebietsansprüche im Norden verzichtet.
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