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Krieg im JemenEine Front weniger

Die Separatisten im Süden des Jemens ziehen ihre Autonomie-Erklärung zurück. Damit könnten sie ihre Machtposition weiter ausbauen.

Dieses Bild vom 30. Januar 2018 aus einem Video zeigt separatistische Kämpfer in Aden Foto: dpa/ap

BERLIN taz | Zumindest an einer der beiden Fronten im Jemenkrieg stehen die Zeichen auf Annäherung. Die Anti-Huthi-Koalition, die zuletzt zerbrochen war und sich interne Kämpfe geliefert hatte, rafft sich wieder zusammen. Die Separatisten im Südjemen haben ihre Autonomie-Erklärung von April widerrufen. Stattdessen halten sie nun wieder an einem Machtteilungsabkommen mit der jemenitischen Regierung fest, mit der sie offiziell verbündet sind.

Für die Separatisten heißt das: Sie müssen ihre Kon­trolle über die wichtige Hafenstadt Aden abgeben, die sie im vergangenen August nach Gefechten mit Regierungstruppen erlangt hatten. Im Gegenzug sollen sie an einer nun zu bildenden gemeinsamen Regierung beteiligt werden.

Ein Sprecher des Südlichen Übergangsrats (STC), die mächtigste Vertretung der Verfechter eines unabhängigen Staates Südjemen, erklärte den Verzicht auf die Autonomie in der Nacht auf Mittwoch.

Sie hätten ihre Ziele erreicht, schrieb Nisar Haitham auf Twitter. An dem erklärten Langzeitziel eines unabhängigen südjemenitischen Staates ändere der Verzicht jedoch nichts. Ein solcher hatte zwischen 1967 und 1990 existiert, doch mit dem Ende der Sowjetunion ging der sozia­listische Südjemen im vereinten Jemen auf.

Vorschlag aus Riad

Der jüngsten STC-Erklärung vorausgegangen war ein Vorschlag Saudi-Arabiens, über den die saudische Nachrichtenagentur SPA berichtete und der offenbar im Sinne der Separatisten war: Demnach soll innerhalb von dreißig Tagen eine Regierung gebildet werden, die zu gleichen Teilen aus Vertretern des Nordens und Südens besteht, darunter STC-Mitglieder.

Für Aden soll ein Gouverneur ernannt werden – ein Posten, für den mit Ahmed Hamid Lamlas bereits ein STC-Politiker bestimmt wurde, wie die jemenitische Agentur Saba berichtete. Mittelfristig soll die jemenitische Führung unter Präsident Abed­ Rabbo Mansur Hadi und Regierungschef Ma’in Abd al-Malek ihre Arbeit wieder in Aden aufnehmen, dem temporären Regierungssitz, seit die Huthi-Rebellen 2014 die Hauptstadt Sanaa unter ihre Kontrolle brachten.

Den Schritten liegt ein Machtteilungsabkommen zugrunde, das im November in der saudischen Hauptstadt Riad unterzeichnet worden war. Es drohte mit der Autonomie-Erklärung der Separatisten jedoch zu scheitern.

Mit der vollständigen Umsetzung der Riad-Vereinbarung würden die Separatisten ihre Macht ausbauen. Zwar müssten sie ihre schlagkräftigen Milizen der Regierung unterstellen, dafür hätten sie aber mehr politische Mitsprache. Auch sieht die Riad-Vereinbarung vor, dass die Separatisten bei UN-Friedensverhandlungen künftig mit am Tisch sitzen. Von den Gesprächen zwischen Regierung und Huthi-Rebellen waren die Separatisten bislang ausgeschlossen.

Keine Einigung

Die Machtdemonstration des STC – die Einnahme Adens und die Autonomie-Erklärung – hätte sich damit ausgezahlt. Die Separatisten werden von den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützt, die Hadi-Regierung ist mit der saudischen Führung eng verbandelt.

An der zweiten Front im Jemen, dem Konflikt zwischen der Hadi-Regierung und den vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen, tut sich indes wenig. Noch immer gebe es keine Einigung auf einen landesweiten Waffenstillstand sowie humanitäre Maßnahmen, beklagte UN-Vermittler Martin Griffith am Dienstag vor dem UN-Sicherheitsrat.

„Es besteht die Gefahr, dass die Chance für Verhandlungen schwindet und der Jemen in eine neue Phase der anhaltenden Eskalation, der unkontrollierten Ausbreitung von Covid-19 und des schweren wirtschaftlichen Niedergangs eintritt.“

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