Krieg gegen die Ukraine: Russische Raketen treffen Odessa

Russlands Attacken auf die ukrainische Hafenstadt Odessa töten mindestens neun Menschen. Die Ukraine nimmt die russische Ölindustrie ins Visier.

Brennendes Gebäude in Odessa, im Hintergrund das Schwarze Meer.

Als Harry-Potter-Schloss bekannt: Eine russische Rakete hat in Odessa das markante Gebäude einer Universität zerstört Foto: reuters/Sergey Smolentsev

ODESSA taz | In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch war Odessa erneut Ziel russischer Raketenangriffe. Um 23.27 Uhr, etwa eine halbe Stunde vor Beginn der nächtlichen Ausgangssperre, ertönte in der Stadt am Schwarzen Meer zum dritten Mal an diesem Tag der Luftalarm. Auf dem Telegram-Kanal der ukrainischen Luftstreitkräfte wurde vor einem Angriff mit ballistischen Raketen von der russisch besetzten Krim gewarnt. Man sollte einen Schutzraum aufsuchen.

Das dürften viele nicht geschafft haben. Nur etwa fünf Minuten später waren drei Explosionen zu hören. Dann folgte die Warnung vor einem weiteren Raketenstart rund 20 Minuten später und eine erneute Explosion wenige Minuten danach. Die Explosionen waren im Zentrum auch hinter zwei Wänden noch deutlich zu hören. Ebenso im südlichen Teil der Stadt, wie eine Anwohnerin der taz sagte.

Der regionale Gouverneur Oleg Kiper teilte mit, dass durch den Angriff drei Menschen getötet und drei weitere verletzt worden seien. Außerdem seien Einrichtungen der Infrastruktur beschädigt worden. Odessas Bürgermeister Gennadiy Truchanow besuchte noch in der Nacht den Ort des Angriffs. In der Straße in der Nähe des Hauptbahnhofs wurden die Fenster einer ganzen Häuserzeile zerstört. Anwohner sollten sich für Reparaturen melden. In dem Viertel befindet sich auch ein Militärkrankenhaus und ein Gebäude, das dem Südkommando der ukrainischen Armee gehört.

Am Morgen danach sieht man einigen Menschen auf der Straße an, dass sie nicht gut geschlafen haben. Die Stimmung ist in diesen Tagen widersprüchlich: Viele versuchen augenscheinlich, die Gefahr zu ignorieren und gehen trotz Luft­alarm ihren Einkäufen nach oder ins Café. Taxifahrer Jevhen nimmt es hingegen nicht so leicht. Als eine Sirene ertönt, versucht er, rasch aus dem Hafengebiet zu kommen. Die Getreideterminals dort waren zuletzt mehrmals Ziel russischer Attacken.

Schwierige Lage für Kyjiw an der Front

Am Montag hatte eine ballistische Rakete die Uferpromenade mehrere Kilometer weiter südlich im Stadtgebiet getroffen. Aufnahmen einer Überwachungskamera zeigen eine Reihe von kleineren Explosionen. Nach ukrainischen Angaben habe es sich um Rakete des Typs Iskander-M mit einem Streusprengkopf gehandelt – trotz internationaler Ächtung. Bilder von Metallsplittern verbreiteten sich auf sozialen Medien.

Mindestens sechs Menschen haben allein durch diesen Angriff ihr Leben verloren. 32 weitere wurden verletzt, davon befinden sich mehrere laut Gouverneur Kiper in ernstem Zustand. Bei dem Angriff hatte auch das Dach einer privaten Universität Feuer gefangen. Es brannte komplett ab. Das Gebäude war wegen seiner Architektur auch als Harry-Potter-Schloss bekannt.

Seit Jahresbeginn wird Odessa immer wieder angegriffen. Ballistische Raketen sind für die ukrainische Flugabwehr wegen ihrer großen Geschwindigkeit und hohen Flugbahn schwierig abzufangen. Das können nur Systeme wie etwa Patriot, von denen die Ukraine allerdings nur wenige besitzt.

Auch an der Front wird die Lage für Kyjiw immer schwieriger, besonders im Donbass. Nachdem russischen Truppen vor mehr als einer Woche ein Durchbruch der ukrainischen Verteidigung beim Dorf Otscheretyne gelungen war, drängen sie von dort offenbar gen Norden – wenn auch langsam. Mehrere Dutzend Orte in Frontnähe, darunter die Großstadt Charkiw, seien bombardiert worden.

Die ukrainischen Streitkräfte griffen in der Nacht zu Mittwoch erneut Anlagen der russischen Ölindustrie an. In Rjasan, 200 Kilometer südöstlich von Moskau, sei eine Raffinerie beschädigt worden, sagte ein Vertreter des ukrainischen Militärgeheimdienstes HUR dem Portal Ukrajinska Prawda. Zweites Ziel sei eine ölverarbeitende Anlage im russischen Gebiet Woronesch gewesen. So soll die Treibstoffversorgung für die russische Armee gestört werden. Mit Folgen: In Russland sind die Preise für Diesel und Benzin bereits deutlich gestiegen.

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