Krankenhaus gerettet: Spitalbürger sehen sich bestätigt
Als sich kein Betreiber mehr fand, übernahmen betuchte Einbecker eine Klinik. Inzwischen sieht sich das Bürgerspital auf gutem Weg
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GÖTTINGEN taz | Zwei Jahre ist es her, da sorgte Einbeck mit einem bundesweit einzigartigen Modell für Aufsehen: Mehrere wohlhabende Familien übernahmen die Trägerschaft für das insolvente Krankenhaus der niedersächsischen Kleinstadt in Eigenregie und retteten so die finanziell stark angeschlagene Klinik vor der endgültigen Pleite. Das Experiment „Einbecker Bürgerspital“ scheint offenbar zu klappen.
Hans-Martin Kuhlmann jedenfalls ist zufrieden. „Sehr zufrieden“ sogar, wie er betont. Der kaufmännische Geschäftsführer des Bürgerspitals sieht die Klinik wirtschaftlich und medizinisch auf einem guten Weg. Das Haus schreibe inzwischen keine roten Zahlen mehr, sagt er. „Da kommt jetzt Ruhe rein.“ Ziel sei nun die weitere Stabilisierung hin zu einem Krankenhaus mit einem modernen Leistungsspektrum und modernen Strukturen. Die Klinik hat sich vorgenommen, auch langfristig aus eigener Kraft wirtschaftlich überlebensfähig sein.
Den Grundstock für das Eigenkapital der gemeinnützigen Trägergesellschaft bilden die Einlagen von rund zwölf Gesellschaftern. Nur vier Namen sind öffentlich bekannt geworden. Olaf Städtler ist Chefarzt und medizinischer Geschäftsführer. Die Familie Büchting hält große Anteile an dem in Einbeck ansässigen Saatgut-Konzern KWS. Der Unternehmer Karl-Heinz Rehkopf betreibt in der Stadt einen Oldtimer-Handel und lässt derzeit das alte Einbecker Kornhaus zu einem Motorrad-Museum umbauen.
Walter Schmalzried ist Inhaber eines Kaufhauses. Wie tief sie und die anderen Gesellschafter tatsächlich in die Tasche greifen mussten, ist nicht bekannt. Inoffiziell ist von mehreren Millionen Euro die Rede. Auch die Stadt Einbeck unterstützte die Krankenhaus-Rettung mit einem Investitionszuschuss von 500.000 Euro und einem stillen Gesellschaftsanteil von 2,5 Millionen Euro. Hinzu kam noch ein Kredit der Sparkasse von einer Million Euro.
Laut Co-Geschäftsführer Städtler gewährleistet das Bürgerspital inzwischen eine „sehr gute Grund- und Regel-Versorgung“. Dazu kommen Spezialisierungen wie Orthopädie, Unfallchirurgie sowie – ganz aktuell – das Zentrum für ganzheitliche Schmerz- und Palliativ-Medizin mit einem ambulanten und stationären Bereich.
Hier habe das Krankenhaus mehrere Fachärzte neu gewinnen können. Andere Spezialisten, die zwischenzeitlich in anderen Kliniken gearbeitet hätten, seien nach Einbeck zurückgekehrt. Es freut Städtler besonders, dass das Bürgerspital als Arbeitgeber nun wieder gefragt ist.
Das Krankenhaus war 2011 in finanzielle Schieflage geraten. Zwei Monate lang zahlte der damalige Träger, die Gesellschaft für Hospital-Management (Gehoma), keine Löhne aus, gleichzeitig suchte man nach einem solventen Käufer. Nach mehrfachem Trägerwechsel meldete das Haus schließlich Insolvenz an, das Ende der Klinik schien damit besiegelt. Im Zuge der Übernahme durch die neuen Träger wurden rund 40 der bis dahin 280 Mitarbeiter entlassen. Die übrigen Beschäftigten stimmten einem Lohnverzicht von 8,5 Prozent zu.
„Unter dem Strich ist der Beitrag der Beschäftigten zur Sanierung des Unternehmens mit rund 3,5 Millionen Euro am größten“, sagt Verdi-Sekretärin Julia Niekamp, die den Sanierungstarifvertrag mit verhandelt hat. Immerhin sei es gelungen, die „Arbeitgeberseite“ von ihrer ursprünglichen Forderung auf elf Prozent weniger Gehalt herunterzuhandeln.
Mit dem Gesamtpaket aus Einlagen, Zuschüssen und reduzierten Gehältern konnten der Insolvenzverwalter und die Gläubiger überzeugt werden. Sie erhielten dem Vergleich zufolge allerdings nur einen kleinen Teil ihrer Außenstände zurück. Das Insolvenzverfahren wurde zwischenzeitlich formell abgeschlossen.
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