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Krank durch falsche DiagnosePfusch am Bauch

Ärztliche Behandlungsfehler treffen immer noch tausende Patienten in Deutschland. Besonders oft schlampen Ärzte bei Knie- und Hüftoperationen.

Fahler bei der Diagnose: Die meisten Ärztefehler passieren bei Hüftoperationen. Bild: dpa

BERLIN taz | Schlampige oder falsche Diagnostik ist immer noch der Hauptgrund für ärztliche Behandlungsfehler – jedenfalls bei den niedergelassenen Ärzten in Deutschland. Fast jeder zweite Patient, der sich 2010 wegen eines Behandlungsfehlers seines niedergelassenen Haus- oder Facharztes erfolgreich bei den Gutachterkommissionen oder Schlichtungsstellen der Ärztekammern beschwerte, nahm deswegen Schaden, weil die Ärzte Probleme mit der bildgebenden Diagnostik hatten. Also mit der Auswertung von Röntgen- oder Ultraschallbildern, Computertomographien oder Magnetresonanztomographien.

Das sagte Johann Neu, Geschäftsführer der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern, am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung der jüngsten Statistik der ärztlichen Gutachterstellen und Schlichtungskommissionen.

Probleme, so Neu, bereiteten den niedergelassenen Ärzten die korrekte Erhebung der Krankengeschichte sowie die Interpretation von Laboruntersuchungen. Die meisten der gemeldeten Fehler allerdings passierten im Krankenhaus (72 Prozent aller Beschwerden), und dort wiederum am häufigsten bei Hüft- und Knieoperationen, gefolgt von Arm- und Beinbrüchen.

Insgesamt ist die Zahl der Patienten, die sich an eine Schlichtungsstelle wendeten, um eine Entschädigung wegen eines Arztfehlers zu beanspruchen, zwischen 2006 und 2010 um etwa zehn Prozent auf rund 11.000 gestiegen. Andreas Crusius, Präsident der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern und Vorsitzender der Ständigen Konferenz der Schlichtungsstellen, wertete das als einen Vertrauensbeweis in die Unabhängigkeit der Gutachter.

Handlungsbedarf – beispielsweise bei der Erhöhung der Frequenz der vorgeschriebenen ärztlichen Pflicht-Fortbildung alle fünf Jahre – sehen die schlichtenden Ärzte ebenso wenig wie Anlass zur Selbstkritik. Zwar seien 87 Patienten im vergangenen Jahr aufgrund falscher Therapie oder Diagnose gestorben. In zwei Dritteln der rund 11.000 beanstandeten Fälle aber seien die Ansprüche der Patienten unberechtigt gewesen.

Dass die meisten überdies mit dem Schlichtungsverfahren zufrieden seien, zeige sich auch daran, dass 90 Prozent den Spruch akzeptierten und auf ein weiteres Gerichtsverfahren verzichteten. Schließlich verliefen die meisten Behandlungen korrekt.

Die Fehler, sagte Crusius, müsse man folglich ins Verhältnis setzen zu den etwa 400 Millionen Arzt-Patienten-Kontakten pro Jahr. Geschuldet seien sie dem Druck, unter dem Ärzte litten. Crusius: "Der Patient muss in immer kürzerer Zeit durchgeschleust werden – da können Fehler passieren."

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5 Kommentare

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  • BA
    bitte anonym

    Apropo ' lieder von Falschdiagnosen ' singen.

    Da sollte ich nicht meine Falschdiagnose von vor zwei Jahren vergessen ( denn so etwas vergisst sich gerne)

    Wie Jaehrlich bin ich zum Pep-smear, also Uterus krebs check, wie man das in den USA doch Jaehrlich empfohlen bekommt.

    Ich kannte meinen Gynokologen schon seit 12 Jahren, und hatte eine gute Beziehung zu ihm - er war immer bester Laune, wir haben Spass gemacht ( bin frohnatur) - so-

    Er untersuchte mich, und waerend er das tat bemerkte ich das er sehr duenn geworden ist, auch seine tollen weissen Zaehne sahen fast 'Braeunlich' aus. Er machte den pep-smwear, tastete meinen oberbauch und fuehlte etwas - dann machte er einen Ultra sound und sah einen ' TUMOR', aber ' Fibrose' meinte er, und zwar so gross wie ein Tennisball.

     

    Das ist gross, obwohl ich selbst konnte es nicht erkennen - bin ja kein Radiologe.

     

    Er meinte ich sollte einen Spezialisten sehen, der es genau untersucht, und machte einen termin mit einem ' Mutterschaftsarzt der sich in ' fertilization, usw. Spezialisiert.

    Das machte mir gar keinen sinn- zudem meinte er das ich nun I'm Alter bin wo ich in die Wechseljahre gehe- das war auch SEHR komisch.

     

    Irgendwas in mir sagte das ich dem nicht vertrauen soll, also rief bin ich zu einem guten Bekannten, der Gynologe ist, um eine zweite Diagnose zu bekommen.

     

    Meine Menstruation ist regelmaessig, bin 47 Jahre alt, kerngesund - und er meinte ich bin WEIT von den Wechseljahren entfernt.

     

    Er untersuchte mich, machte einen ultra schall, und erklaerte und zeigte mir diesen auch.

     

    Die Fibrose war kaum sichtbar, und er meinte sie ist noch nicht mal in einer position wo sie evt. eine Schwangerschaft gefaerden koennte - die koennte ich schon sehr lange haben, und sie koennte auch wieder weg gehen - von tennisball groesse kann gar keine rede sein.

     

    Er zeigte mir auch das ich noch gesunden eier bestand habe,usw. Also kerngesund.

    Dann fragte er mich ob mir auffiel das der doktor so-und-so so duenn geworden ist, und ich sagte ja, plus erzaehlte ihm von den Braunen zaehnen - irgendwas war also nicht ganz koscher -

     

    Die klitzekleine fibrose ging tatseachlich von alleine weg- was der moegliche grund ist warum mein Gynologe ( den ich natuerlich nicht mehr besuchte)

    Mich zu einen ' mutterschaftdoktor wegen einer falschdiagnostizierten Fibrose schicken wollte, kann drueber spekuliert werden.

  • BA
    bitte anonym

    Von fehldiagnosen koennte ich lieder singen, aber lieder ueber Liebe machen sich besser in der Musik.

    Ich wahr eigentlich kern gesund, ausser das mir hier und da schwindelig wurde, fast sogar mein Bewustsein verlor, also ging ich zum Arzt ( USA, Los Angeles).

    Der Internist meinte nach der Untersuchung das ich an MVP leide; mitral valve prolaps- die mitrale herzklappe lies blut zurueck ins Herz, meinte er.

    Man glaubt dem Doktor, was bleibt einem uebrig, und er setzte mich auf ' betablocker', Inderol, weil er auch eine magen hernia feststellte, und ich sollte antibiotika nehmen wenn ich zum zahnarzt gehe. Ich was damals 27.

     

    Mir ging es schlimmer und schlimmer, nahm gewichtlich zu weil ich Candida von den antibiotika bekam, und wechselte den arzt. Dieser war Cardiologe und schickte mich zu einem echo-cardio-gram um sich zu versichern das ich wirklich ' mvp' habe, was er bezweifelte.

     

    Echo kam negative zurueck - kein mvp, alles normal, und gutes Herz.

     

    Tabletten wurden abgesetzt, aber ich fuehlte schlimm - mein mann nahm an das ich mir was einbilde, und der arzt stellte nichts physisches fest.

     

    Dann hatte ich aufeinmal unter meiner linken Schilter ein ' spinnengewebe',( blutgerinsel) und schaute es dem Arzt, welcher meinte das ist nur Kosmetisch.

     

    Einighe Monate spaehter, mir gings immer schlechter, schwellte mein linker oberarm so sehr an, er war dreimal so dick wie mein rechter.

    Soffort fuehr mich mein Gatte ins Krankenhaus- ein Vascularer Chirurg schaute sich meinen arm und schulter an, und fragte vollen erstaunens seit wann ich das ' spinnengewebe' habe, worauf ich ihm sagte, ein paar monate, ist aber nur 'kosmetisch'-

    NEIN, meint er, sie haben einen ' clod' ( propfen, verstopfung) in der Vene, und das spinnengewebe ist das erste sympton.

     

    Ich war einige Zeit in der ICU ( intensivstation), und spaehter nahm man mir die 'erste' Rippe unter dem Schluesselbein raus.

    Diagnose -TOS T thorasic outlet syndrome ) von einem Unfall der einige Jahre vorher passierte, verlegte sich diese rippe und drueckte auf meine linke 'sub-clavian arder und vene, sodas die linke seite meines Gehirns nicht durchblutet wurde wenn ich meinen Kopf nach ' rechts' drehte ( wie bein zurueckkucken im Auto, oder zuerueckkucken, und mir daher schwindelif wurde, und benommen fuehlte -

    Bis diese richtige diagnose und operation geschah dauerte es vier Jahre.

    Seit dem gehts mir gut

  • S
    sophie

    Genau Edda, Fehldiganosen sind menschlich und nach Entschuldigung und Schadensbeseitigung m.E. "gesühnt". Das Abschieben in die Psycho-Ecke, nur weil es bspw. keinen Termin für eine zeitnahe radiolog. Diagnostik bei schubweise verlaufenden Erankungen gibt, ist jedoch stark ehrverletzend. Wenn der Therapeut/die Klinik mit Kassenzulassung dann auch noch auf esoterisch o.a. weltanschaulich gefärbt "behandelt", wirds m.E. kriminell.

  • E
    Edda

    Von falschen Diagnosen können MCS- und KPU-Patienten viele Lieder singen. Ärzte haben überhaupt kein Interesse, diesen Betroffenen zu helfen. Frei von Arztfehlern wäre es nämlich, wenn MCS (Multiple Chemische Sensitivität) und KPU (Kryptopyrrolurie) nicht mehr mit Verlegenheitsdiagnosen in die Psycho-Ecke geschoben, sondern ordentlich diagnostiziert und behandelt werden. Aber davon können KPU- und MCS-Betroffene wohl noch lange träumen und werden weiterhin diskriminiert...

  • S
    Stefan

    "Dass die meisten überdies mit dem Schlichtungsverfahren zufrieden seien, zeige sich auch daran, dass 90 Prozent den Spruch akzeptierten und auf ein weiteres Gerichtsverfahren verzichteten."

     

    na ja, vielleicht wollen sie aber auch nur endlich mit der Sache abschließen und/oder scheuen das Kostenrisiko bei einem Gerichtsverfahren. Nur mal so als Idee...