Kosten der Unterkunft: Schöner wohnen für Arbeitslose
Weil die Mieten in der Stadt gestiegen sind, will Bremen in Zukunft für EmpfängerInnen staatlicher Hilfen höhere Mietkosten als bisher anerkennen.
Bremen will angesichts der steigenden Mieten für Arbeitslose, AsylbewerberInnen und SozialhilfeempfängerInnen höhere Mietkosten übernehmen. Dabei werden Haushalte mit zwei und drei Personen allerdings etwas schlechter gestellt als bisher.
Dies soll aber nur zukünftige und nicht bestehende Mietverhältnisse betreffen. Das geht aus einer Vorlage für die Sozialdeputation hervor, die am Donnerstag beschlossen werden soll. Für alle anderen verbessert sich die Situation, weil die Mietkosten-Obergrenze, die die Stadt in Zukunft anerkennen will, für sie höher liegen wird als bisher.
Gleichzeitig schafft Bremen mit der Neuregelung erstmals eine rechtliche Grundlage für die Übernahme von „Kosten zur Unterkunft“, wie sie im Gesetz heißen. Weil die Sozialgerichte feststellten, dass die von Bremen nach den Hartz-IV-Reformen im Jahr 2005 festgelegten Mietobergrenzen willkürlich gesetzt sind, klagten viele Betroffene erfolgreich, wenn die Stadt ihre Mietkosten nicht in der vollen Höhe übernehmen wollte.
2.100 Klagen seien bis dato in diesem Jahr wegen Hartz IV eingegangen, sagte gestern der Sprecher des Sozialgerichts Bremen, André Schlüter. Grob geschätzt werde in etwa 40 bis 50 Prozent der Fälle um die Kosten der Unterkunft gestritten.
Anders als die Sozialbehörde in ihrer Vorlage behauptet, würde das Sozialgericht dabei aber nicht verlangen, dass die „tatsächlichen Unterkunftskosten als angemessen anzuerkennen sind“, so Schlüter. Dies betreffe nur Einzelfälle.
„Meistens geht es darum, dass jemand in die Arbeitslosigkeit gerutscht ist und noch in der Wohnung lebt, die er sich vorher leisten konnte.“ Richtig sei, dass das Gericht die Stadt dazu verurteilt, noch einmal zehn Prozent mehr anzuerkennen als sie es in der Mehrzahl der Fälle tut.
Seit 2009 richtet Bremen sich nämlich nicht mehr nach den selbst festgelegten Mietobergrenzen, sondern in einer Übergangsregelung nach der deutschen Wohngeldtabelle. Diese Möglichkeit hatte das Bundessozialgericht in seiner Rechtssprechung Kommunen eingeräumt, die kein „schlüssiges Konzept“ zur Ermittlung der Mietobergrenzen wie etwa einen Mietspiegel vorlegen können.
Sozialgerichts-Sprecher Schlüter weist darauf hin, dass das Bundessozialgericht aber auch festgestellt habe, dass auf das Wohngeld noch einmal zehn Prozent draufgeschlagen werden könnten.
Das „schlüssige Konzept“ will die grüne Sozialsenatorin Anja Stahmann nun am Donnerstag den Abgeordneten vorlegen. Dies basiert auf einer Erhebung einer Hamburger Beratungsgesellschaft, die bereits seit Ende 2010 vorliegt, jetzt aber überarbeitet wurde. Untersucht wurden dabei auch die Mietangebote, die derzeit verfügbar sind. Diese sind in der Regel teurer als bestehende Mietverhältnisse.
Herausgekommen sind Mietobergrenzen, nach denen die Hälfte aller Bremer Wohnungen für BezieherInnen staatlicher Hilfen günstig genug sein sollen. Einschließlich Betriebs- und ohne Heizkosten darf ein Single 377 Euro für eine Wohnung ausgeben, ein Paar 428 Euro, eine dreiköpfige Familie 507 Euro und vier Personen 620 Euro.
Hinzu kommen in besonders begehrten und damit teuren Vierteln Ortsteilzuschläge zwischen zehn und 20 Prozent. Für die Neustadt gelten diese nicht. Laut Ressortsprecher Bernd Schneider sollen wegen der erwarteten Steigerung der Mieten die Obergrenzen im kommenden Jahr neu untersucht und gegebenenfalls angepasst werden.
Die Sozialsenatorin erwartet, dass Vermieter jetzt Mieten erhöhen und an die neuen Mietobergrenzen anpassen werden. „Verhindern lässt sich das leider nicht“, sagte gestern ihr Sprecher Bernd Schneider.
Keine Änderungen wird es bei den anerkannten Wohnungsgrößen geben, wie Schneider sagte. Auch die sozialpolitische Sprecherin der Grünen, Susanne Wendland, sagte am Montag, dies sei derzeit kein Thema. Nach der Wohnraumförderung des Landes Bremen gelten für vier Personen 85 Quadratmeter als angemessen, für eine Alleinstehende 50 Quadratmeter. Nach diesen Richtwerten wurden die jetzt gültigen Bruttokaltmieten berechnet.
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