Korruption in Österreich: Silvesterorden als Dankeschön
Aus einem Fonds für die Wiener Stadterweiterung wurden katholische Projekte satzungswidrig finanziert. Der Vatikan revanchiert sich mit Auszeichnungen.
WIEN taz | Der päpstliche Silvesterorden spielt eine Rolle in einem Ermittlungsverfahren der Wiener Staatsanwaltschaft, das auf Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und vier ihrer hohen Beamten zukommt. Es geht um Veruntreuung von öffentlichen Mitteln.
Auslöser für die Untersuchungen ist ein eben veröffentlichter Bericht des Rechnungshofes (RH) über den vom Innenministerium verwalteten Wiener Stadterweiterungsfonds. Der Fonds, so urteilen die Prüfer, habe 915.000 Euro satzungswidrig als Spenden verteilt: „Für karitative, wissenschaftliche und religiöse Zwecke“.
Vor allem die katholische Kirche durfte sich über großzügige Zuwendungen freuen. Dafür revanchierte sich der Vatikan mit dem Ritterkreuz des Silvesterordens. Vor einem Jahr bekamen vier mit der Fondsverwaltung befasste Beamte die päpstliche Dekoration an die Brust geheftet.
Der Wiener Stadterweiterungsfonds wurde vor mehr als 150 Jahren von Kaiser Franz Josef I. zwecks Finanzierung von Monumentalbauten an der Wiener Ringstraße eingerichtet. Weil er seine ursprüngliche Aufgabe längst erfüllt hatte, empfahl der RH bereits 1961 die Auflösung. Diese wurde verzögert.
Ausgaben aller Art mit Mitteln aus dem Fonds
Zuletzt scheint der Fonds dem Ministerium für Ausgaben aller Art gedient zu haben. Zu diesem Zweck wurde 2009 eine Satzungsänderung beschlossen, die den Fondszweck auf Bauten auch „außerhalb der Inneren Stadt Wiens sowie auf Institutionen und Projekte zum Wohle der Gesellschaft und zur Stärkung des sozialen Friedens“ erweiterte.
In den Genuss von Spenden kamen vor allem katholische Projekte. Der RH kritisiert etwa die Renovierung von drei Kirchen, 250.000 Euro für eine Diözese und 30.000 für eine kirchliche Kommission. Auch eine katholische Universität in Rom und ein Kinderdorf in der Ukraine finden sich mit sechsstelligen Zuwendungen auf der Liste. Mit dem Austro-American Institute of Education erhielt ein privater Verein 100.000 Euro. Dass Alexander Janda, der Geschäftsführer des Stadterweiterungsfonds, gleichzeitig Obmann dieses Vereins war, wirft ein besonders schiefes Licht auf die Vergabepraxis.
Auch sonst verfuhr man mit den Mitteln des eigentlich längst obsoleten Fonds großzügig. So wurden über 40.000 Euro für Studien ausgegeben, die Kunstgegenstände im Gesamtwert von weniger als 2.000 Euro bewerten sollten. Und eine Liegenschaft in zentraler Lage, für die ein Angebot über 9 Millionen Euro vorlag, wurde für weniger als die Hälfte verkauft.
Innenministerin Mikl-Leitner verwies auf die jährliche Prüfung durch eine Kanzlei: „Ich gehe davon aus, dass alle Ausgaben satzungskonform geflossen sind.“ Im Übrigen habe sie den Fonds liquidiert.
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