Korruption am Hauptstadtflughafen: Technikchef beurlaubt
Erneuter Rückschlag beim Bau des neuen Berliner Airports: Gegen Technikchef Großmann wird wegen Bestechlichkeit ermittelt. Er soll Vorteile gefordert haben.
NEURUPPIN/BERLIN dpa/taz | Der unter Korruptionsverdacht stehende Technikchef des Berliner Hauptstadtflughafens BER ist beurlaubt worden. Die Flughafengesellschaft will sich im Laufe des Tages ausführlich zu dem Fall äußern. Derweil werten die Ermittler sichergestelltes Beweismaterial aus. Das sagte am Mittwoch der Neuruppiner Staatsanwalt Frank Winter im RBB-Rundfunk.
Nach Informationen vom Dienstag wird gegen den Technikchef Jochen Großmann wegen Bestechlichkeit ermittelt. Großmann war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen. Er ist derjenige, der die Probleme mit der Entrauchungsanlage an dem Airport in Schönefeld lösen sollte.
„Nach unserem bisherigen Erkenntnisstand geht es um rund eine halbe Million Euro Bestechungsgeld“, hatte Flughafenchef Hartmut Mehdorn erklärt. Die Flughafengesellschaft machte den Fall am Dienstag publik, ohne Großmanns Namen zu nennen. Auch die Staatsanwaltschaft Neuruppin hielt sich beim Namen zunächst bedeckt.
Der Verdächtige sei für die Auftragsvergabe für den neuen Hauptstadtflughafen zuständig gewesen und soll von einem Auftragnehmer Vorteile gefordert haben, teilte das Unternehmen mit. Staatsanwalt Winter sprach von einem „klassischen Modell von Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr“. Bisher gebe es keine Hinweise auf weitere Korruptionsfälle.
„Monster“ Entrauchungsanlage
Laut Mehdorn ergab sich der Verdacht „nach einem Gespräch mit dem Repräsentanten eines im Bereich der technischen Planung tätigen internationalen Unternehmens“. Die Flughafengesellschaft habe abgewartet, „ob die Staatsanwaltschaft einen Anfangsverdacht bestätigen würde“. Nach den Durchsuchungen werde das Unternehmen nun „gegen die Beteiligten entsprechende Konsequenzen ziehen“.
Großmann wurde im April dadurch bekannt, dass er den kritischen Abschnitt der Entrauchungsanlage mit der internen Nummer 14 „ein Monster“ nannte. Um sie zu bändigen, wird die Anlage nun zerlegt. Die nicht funktionierende Brandschutzanlage hat bislang verhindert, dass der neue Flughafen in Betrieb gehen konnte.
"Desolate Personalpolitik"
Martin Delius, Fraktionsvorsitzender der Piraten im Abgeordnetenhaus und Leiter des BER-Untersuchungsausschusses, bezeichnete den sich abzeichnenden Korruptionsskandal als "schweren Schlag" für die Flughafengesellschaft. Großmann sei als Heilsbringer stilisiert worden und durch die "desolate Personalpolitik" des Flughafenchefs zurzeit der "einzige technisch versierte Entscheider" am BER. Hartmut Mehdorn hat seit seinem Amtsantritt im März 2013 etliche Funktionsträger entlassen oder entmachtet.
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