Kooperationen von Unis und Unternehmen: Transparenz ist legal
Die teilweise Veröffentlichung von Verträgen mit Unternehmen ist rechtens, besagt ein Gutachten des Bundestages. Es bestünde ein öffentliches Interesse an den Kooperationen.
BERLIN taz | Einer Pflicht zur teilweisen Veröffentlichung von geheimen Verträgen zwischen Unternehmen und Hochschulen steht rechtlich nichts im Wege. Zu dieser Einschätzung gelangt ein Gutachten der wissenschaftlichen Dienste des Bundestages, das der taz vorliegt. "Denkbar wäre […], eine grundsätzliche, aber inhaltlich beschränkte Veröffentlichungspflicht hinsichtlich der Größenordnung der gezahlten Gelder und der Laufzeit einzuführen", heißt es in dem 13-seitigen Gutachten.
Laut der Gutachter bestünde sogar ein öffentlichen Interesses daran, Kooperationsverträge zwischen Hochschulen und privaten Unternehmen offenzulegen, "um einer übermäßigen Einflussnahme auf das Handeln einer Hochschule entgegenzuwirken und größere Transparenz sicherzustellen". Die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Unternehmen hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Eine besonders intensive Form sind Institute, die von Hochschulen und Unternehmen gemeinsam finanziert werden. So wie jenes 2006 von Deutscher Bank und zwei Berliner Universitäten gegründete Institut für angewandte Finanzmathematik. Die Bank hatte sich dabei per Vertrag weitreichende Mitbestimmungsrechte gesichert.
Und Berlin ist kein Einzelfall: Laut einer Studie des unternehmensnahen Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft gab es im Jahr 2009 insgesamt 660 Lehrstühle, die von Unternehmen finanziert wurden. Derzeit klagen Aktivisten in Köln vor Gericht darauf, Einsicht in einen Vertrag zwischen der Uni Köln und dem Pharmariesen Bayer Healthcare zu erhalten.
Auch im Bundestag mehren sich die Stimmen aus der Opposition, die eine generelle Veröffentlichungspflicht für solche Verträge fordern. Eine umfassenden Veröffentlichungspflicht sei nicht möglich, so das Gutachten, denn dies würde die grundgesetzlich geschützte Forschungsfreiheit beeinträchtigen, "da eine Veröffentlichung von Details über Forschungsprojekte einen […] Know-how-Vorsprung entwerten würde".
Einseitige Abhängigkeiten vermeiden
Gäbe man allerdings nur die Summe der gezahlten Gelder und die Laufzeit bekannt, würden keine wissenschaftlichen Einzelheiten verraten. Zumal viele Hochschulen ohnehin ihre Kooperationen veröffentlichten. Das Fazit der Gutachter: "So könnten einseitige Abhängigkeiten und jeder Anschein davon vermieden werden."
Allerdings sehen die Gutachter insbesondere die Länder in der Verantwortung. Der Bund darf nämlich qua Grundgesetz nur in der Forschung, nicht jedoch in der Lehre mitregieren. Beides sei schwer zu trennen.
Der SPD-Bildungsexperte Swen Schulz will die Bundesregierung jedoch nicht aus der Pflicht nehmen: "Der Bundestag könnte die Regierung beauftragen, Gespräche mit den Ländern zu führen, um eine Lösung zu finden", sagte er der taz. Doch das CDU-geführte Wissenschaftsministerium zeigt sich bisher nicht interessiert und schiebt rechtliche Bedenken vor, wie aus einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei vom Juli hervorgeht.
Der Stifterverband ist bereits einen Schritt weiter. Er stellte in der vergangenen Woche einen "Code of Conduct" für die Zusammenarbeit von Hochschulen und Unternehmen vor. Diesen freiwilligen Verhaltenskodex begrüßt Schulz zwar. "Aber eine Selbstverpflichtung allein ersetzt kein Gesetz", meint der Parlamentarier.
Wer andere Fälle illegitimer Einflußnahme der Wirtschaft auf die Uni kennt, der möge sich bitte wenden an unileaks@taz.de
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