Konzertempfehlungen für Berlin: Erst Polyrhythmik, dann Puschenfest
Katharina Ernst ist zu Gast. Das Handcrafted Tributes Festival für neue Perspektiven lädt ein. Und in der B.L.O Kantine wird es noisig-experimentell.
M elodiösität und Schlagzeugspiel: Wer Zweifel hat, dass das zusammengeht, der sollte sich jetzt Katharina Ernst anschauen. Die in Berlin lebende Wienerin stellt ihr neues Album vor: „EXTRAMETRIC II“– wobei der Albumtitel, wie schon beim Vorgänger „Extrametric“ (2018), Programm ist. Polyrhythmik, also das Experimentieren jenseits gerader Takte, prägt nicht nur ihr Musikschaffen, sondern ist für sie Gesellschaftsmetapher mit fast utopistischem Potenzial – Rhythmen und Tempi, die hierarchiefrei nebeneinander existieren. Diesmal hat sie den klanglichen Besteckkasten um Text und Stimme erweitert (Galiläakirche, 14. 11., 20 Uhr).
Gleich zwei Abende lang sorgt die zweite Ausgabe des Handcrafted Tributes Festival für neue Perspektiven auf das Verhältnis von Klang und Raum – und von akustischer Musik und elektronischen Schaltkreisen. Das Stefan Schultze Large Ensemble hat sich dazu einige ziemlich illustre Gäste eingeladen. Zum Auftakt wird es jeweils drei 20-minütige Sets mit wechselnden Musiker:innen geben. Rabih Beaini beispielsweise – DJ, Produzent und Gründer von Morphine Records – verarbeitet an beiden Abenden Live-Sounds. Die Keyboarderin Liz Kosack tritt Samstag mit einem Quartett auf, unter anderem mit dem New Yorker Schlagzeuger Tom Rainey. Im Anschluss daran gibt es dann das Large Ensemble in voller Besetzung, plus Gästen (Studioboerne45, 14.+15. 11., 20 Uhr, nur Abendkasse, 20, ermäßigt 15 Euro)
Unregelmäßig, aber verlässlich schön
Am Samstag lädt das unregelmäßig stattfindende, dafür aber verlässlich schöne Puschenfest zu einer Mischung aus Neuem und Bekannten, mit sechs Acts: Tune-Yards, das zur Band angewachsene Avant-Pop-Projekt von Merrill Garbus, ist ebenso dabei wie das englische Duo Mermaid Chunky. Für Moina Moin und Freya Tate ist die theatrale Performance so wichtig wie ihr eklektisch-experimenteller Sound. Minimalistisch-folkig muten dagegen die Hobknobs aus den Niederlanden an (Festsaal Kreuzberg, 15. 11., 18 Uhr)
Ebenfalls recht bunt, wenn auch mehr auf der noisig-experimentellen Seite ist ein Konzert-Triple am Samstag. Saiko nutzt Keyboard, Stimme, Kontaktmikrofone und Alltagsobjekte, um dem Sound von Erinnerungen nachzugehen, Tania Elstermeyer bringt Mundharmonika und Effekte zusammen und bei Mai Mai Mai, dem audiovisuellen Projekt des Süditalieners Toni Cutrone, geht es um die rituelle und symbolische Verflechtung von Folklore, Spiritualität und Popkultur – was hier jedoch alles andere als folkloristisch klingt. (B.L.O Kantine, 15. 11., 20.30 Uhr)
Wie so viele andere Bereiche wird gerade auch die Welt der Musik durch künstliche Intelligenz ziemlich auf den Kopf gestellt und sorgt nicht selten für Schnappatmung: Wo ist diese begründet, wie und in welcher Form verändert KI das Musikschaffen und wo liegen die Grenzen der Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine? Der Musikfonds lädt am Sonntag zu Composer in the Loop, einer ganztägigen Beschäftigung mit derartigen Fragen, in Form von Konzerten und Panels bei freiem Eintritt (Radialsystem, 16. 11., ab 14 Uhr).
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