piwik no script img

Konzertempfehlungen für BerlinPrimitiv und avanciert

Das neue Jahr muss sich erst einmal davon erholen, dass es schon begonnen hat. Notgedrungen muss man da ein bisschen improvisieren.

Das Trio Derek Plays Eric zerschreddert die Konventionen des Rock Foto: Heinrich Brinkmoeller Becker

M an soll mit guten Vorsätzen ja vorsichtig sein. Oder zumindest nicht allzu viel von ihnen erwarten. Eine gute Idee ist es jedoch, sich als Fachkraft für ein Instrument, das im Rock viel und gern Verwendung findet, zum Vorsatz zu machen, einfach mal anders zu rocken.

Der Gitarrist Andreas Willers und seine Kollegen, der Bassist Jan Roder und der Schlagzeuger Christian Marien, gehen da mit gutem Beispiel voran. Und das nicht erst seit 2025. Ihr Trio Derek Plays Eric, für das die Namen der so unterschiedlichen Musiker Derek Bailey und Eric Clapton Pate standen, nimmt sich seit Jahren die Konventionen des Rock vor und zerschreddert sie mit viel Sinn und Verstand, vor allem aber mit viel Freude am Spiel.

Auf ihrem jüngsten Album, „A Suite of Soaps“, taten sie das mit Anleihen etwa bei den Beatles und King Crimson, mit entwaffnend furchtloser Haltung. Am Sonntag lassen sie es im noch jungen Jahr im Industriesalon Schöneweide vorbildlich frisch und ohne unmittelbare Verletzungsgefahr krachen (5. 1., 15.30 Uhr, Vorverkauf über Eventbrite: 10 Euro, ermäßigt 7 Eurr +VVK, Tageskasse: 15 Euro, ermäßigt 10 Euro).

Tags darauf, am Montag bietet der als Tonstudio und Konzertort zugleich dienende Morphine Raum einem etwas anderen Trio ein Publikum. Wassermann-Keller-Portugal nennen sich die Vokalistin Ute Wassermann, der Gitarrist Beat Keller und die Schlagzeugerin Mariá Portugal schlicht, statt Rock zu spielen, improvisieren sie frei.

Wassermann setzt dabei neben ihrer Stimme noch Objekte ein, Keller erweitert den Klang seiner Gitarre mit einem „Feedbacker“, und Portugal verstärkt Ute Wassermann zusätzlich zum Schlagzeugspiel mit der eigenen Stimme. Sie wissen, was sie tun (Morphine Raum, 6. 1., 20 Uhr, Eintritt: 10 Euro).

Um beim hemmungslosen Improvisieren zu bleiben: Wer Donnerstag der Ankündigung „Primitivo #07“ folgend in den gleichnamigen Veranstaltungsort im Bethaniendamm 28 geht, sollte sich auf etwas gefasst machen.

Die dort angekündigte „Séance d´improvisation brute“ verspricht „freie und rohe musikalische Improvisation“, begleitet von Film und veganem Essen und Cocktails. Und das alles nicht bloß zum Konsum, die Sache ist durchaus partizipativ angelegt.

„Alle Instrumente und Geräte willkommen“, heißt es, mit kleinen Einschränkungen: „kein Singen, kein Funk, keine Licks, keine Professionalität!“ Davon abgesehen, könnte es dort offen ins neue Jahr gehen (Primitivo #07, Bethaniendamm 28, 9. 1., 20 Uhr).

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Kulturredakteur
Jahrgang 1971, arbeitet in der Kulturredaktion der taz. Boehme studierte Philosophie in Hamburg, New York, Frankfurt und Düsseldorf. Sein Buch „Ethik und Genießen. Kant und Lacan“ erschien 2005.
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!