Konzertempfehlungen für Berlin: Euphorisch bis polyrhythmisch
Die Sterne präsentieren ein frohlockendes Album, Das Behälter füllen Hohlräume mit Musik. Und Guido Möbius kommt mit weiteren Gästen ins Arkaoda.
Z ur Gegenwart kann einem ja so allerhand einfallen, aber sie mit „Hallo Euphoria“ zu begrüßen? Heitere oder zuversichtliche Stimmungslagen sucht man mit guten Gründen dieser Tage ja eher vergeblich. In der Psychologie beschriebt der Begriff der Euphorie allerdings „eine dem objektiven Zustand nicht entsprechende gesteigerte Gemütsstimmung“ – damit kommt man der Sache schon näher.
Und Frank Spilker, das einzige Gründungsmitglied der Combo Die Sterne, die maßgeblich mitprägte, was man Hamburger Schule nennen sollte, beschrieb Euphorie unlängst im Interview recht treffend als das Ergebnis von Gehirnchemie, die „nicht immer etwas mit realen Ereignissen zu tun hat. (…) es kann auch eine Überlebensfunktion sein, dass Menschen in den schlimmsten Situationen Euphorie befällt.“
Wie auch immer: Auf musikalischer Ebene macht das neue Album ob seiner Flockigkeit tatsächlich ziemlich gute Laune. Textlich arbeiten sich die Sterne aufs Neue an dem Widersprüchen ab, in denen wir stecken – und zeigen sich in bemerkenswerter Form.
Ein erstaunlich frischer Aufschlag für ein Projekt, das vor zwei Jahren 30. Geburtstag feierte. Live bestimmt sowieso wie immer erlebenswert – am Mittwoch im Festsaal Kreuzberg (8. 3., 20 Uhr, Tickets VVK 25,75 Euro, Tickets gibt es hier).
Wer sich mit einem wirklich wilden Ritt aus der spätwinterlichen Lethargie reißen lassen will, der:m sei der Auftritt der eklektizistischen Combo Das Behälter ans Herz gelegt; die Band hat sich im Umfeld der Essener Folkwang Universität zusammengetan.
Nach Selbstbeschreibung ist der Projektname insofern Programm, dass die Band in ihrem Inneren einen Hohlraum aufweist. Und der fülle sich durch die Musik mit der „Weisheit von Jahrtausenden, der Liebe der Heiligen und dem anarchistischen, exzessiven Groove der Shizo-Disko.“
Ein bisschen weniger esoterisch formuliert, könnte man es auch dadaistischen Disco-Jazz mit Industrial-Geknarze nennen, bei dem Hip-Hop-Beats auf ein Free-Jazz-Saxofon und die Lyrics der transfeministischen Performerin Xenia Ende treffen. Gerade erschien ihr neues Album „Star Of The Future“, am Freitag live im ausland (10. 3.,21 Uhr, Tickets VVK 13,20, AK 15 Euro).
Am Samstag führt der französische Jazzpianist Benoît Delbecq Kompositionen erstmals auf, zu denen er sich unter anderem von der speziellen Akustik des Pierre-Boulez-Saal inspirieren ließ – und von zwei Begrifflichkeiten, die der namensgebende avantgardistische Komponist und Musiktheoretiker Pierre Boulez geprägt hatte, um musikalische Bewegung zu beschrieben: „gekerbte“ und „glatte Zeit“.
Im ersten Set spielt er in besagtem Saal mit dem Pianisten Taylor Ho Bynum und der Kornettistin Sarah Murcia, im zweiten mit dem Bassisten Petter Eldh, dem Schlagzeug Samuel Ber und dem immer wieder bemerkenswerten Saxophonisten Otis Sandsjö. (Pierre-Boulez-Saal, 11. 3, 19 Uhr, Tickets VVK15- 45 Euro, auch im Livestream verfügbar).
Auch schon wieder fast ein Jahr ist es her, dass Guido Möbius mit wilden Improvisationen, noisigem Funk und polyrhythmischem Geklöppel bei seinem Record Release für großen Spaß und offene Münder sorgte. Zeit für eine Neuauflage, die vermutlich ganz anders sein wird, schließlich ist der Berliner Musiker im besten Sinne hyperaktiv.
Eine Faible für repetitive Klänge hat sein Mitstreiter am Mittwoch im Arkaoda: Frank Garcia, ein in Schweden lebender Franzose, der in diversen Bands mitspielt und bei seinem Soloprojekt Sheik Anorak Krautiges, Noise Minimal und Indiepop zusammenbringt (Arkaoda, Karl-Marx-Platz, 15. 3., 21 Uhr, AK 10 Euro).
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