Konzertempfehlungen für Berlin: Wort, Ton und Gebrüll
Wer für die wenigen nicht abgesagten Konzerte kein Ticket mehr bekommen konnte, kann das Jahr auch selbst mit Geschrei und Gesang zum Teufel jagen.
W enn fast alle Konzerte abgesagt sind – man also kaum noch besungen wird – muss man wohl selbst singen. Gut, dass die beste Karaokebar der Welt, das Monster Ronson, zur Silvestersause lädt. Ganz sicherlich charmant moderieren wird die Show der Chef persönlich, der an dem Abend unter dem Alias Ronny Rotik auf der Bühne steht.
Wer sich bei der Aussicht unwohl fühlt – in Anbetracht der Aerosole, die zwangsläufig umherwirbeln – kann sich auch in eine der privaten Boxen zurückziehen und das ausgehende Jahr mit Geschrei und Gesang zum Teufel jagen. Oder das neue mit Schmeicheleien begrüßen, auf dass es ein Besseres werde (ab 20 Uhr, Monster Ronson's Ichiban Karaoke, Eintritt 5 Euro, 2G plus tagesaktuellem Test)
Sonst singen in der kommenden Woche vor allem die Instrumente: beim Neujahrskonzert des Konzerthausorchester Berlin etwa gibt es Haydns „Intrada für Blechbläser“ (Konzerthaus, 16 Uhr, ausverkauft). Und bei der „Unerhörten Musik“ am Dienstag (4. 1.) trifft die Fagott von James Aylward und auf die Klarinette Ingólfur Vilhjálmsson (4. 1., 20 Uhr, BKA Theater, Eintritt 14,30 Euro).
In Anbetracht der manchmal anstrengenden Kommunikation, die mit den überstandenen Feiertagen einher geht, tut es sicher ganz gut, den Kopf ein bisschen durchzuspülen. Und das geht eben immer noch am besten mit wortfreier Musik.
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Die gibt es in der kommenden Woche auch in Weissensee im Kühlspot Social Club; einst arbeitet in diesem Atelier der 2015 verstorbene Künstler Siegfried Kühl. Das neue Jahr einleiten wird am Montagein Abend, bei dem sich Silke Eberhard (Alt-Saxofon), Christian Marien (Schlagzeug) und Nikolaus Neuser (Trompete) Charles Mingus widmen.
Der war nicht nur ein begnadeter Bassist, sondern hatte ein großes Händchen fürs Komponieren. Die drei Berliner Musiker*innen verzichten bei ihrer Besetzung bewusst auf Mingus’ eigenes Instrument, den Bass – um die „Essenz und Kraft“ seiner Kompositionen herauszuarbeiten. Veranstaltet wird der Abend vom Jazzkeller 69 e.V. (3. 1., 20 Uhr, Kühlspot Social Club, Eintritt 10,65 Euro).
Textlastig wird es sicher bei Julian Warner, dessen Alter Ego Fehler Kuti zusammen mit der Combo Die Polizei (mit dabei unter anderem Markus Acher von The Notwist) mit anti-rassistischem Pop die Geschichte der Bundesrepublik neu erzählen will.
Die diskurspoppige Performance – die Mitwirkenden bezeichnen das Ganze als „selbstkritischen Lesekreis“, Warner strebt dabei eine Mixtur „aus religiösem Ritual, wissenschaftlicher Lecture und Musik“ an – hatte vor gut einem Jahr ihre Digital-Premiere an den Münchner Kammerspielen. Im Hebbel am Ufer wird sie von Dienstag bis Donnerstag nun erstmals vor Publikum aufgeführt („The History of the Federal Republic of Germany as told by Fehler Kuti und Die Polizei“, 4. – 6. 1., 20 Uhr, HAU 1, Eintritt 13-17 Euro)
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