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Kontroverse Kunst unerwünschtIBB-Bank verbannt Kunstwerk

In Berlin verschwindet über Nacht ein bankenkritisches Kunstwerk. Die Investitionsbank hat es einfach abbauen lassen. Künstler Peter Lenk ist entsetzt.

Ausschnitt des umstrittenen Kunstwerks „Die Karriereleiter“. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Investitionsbank Berlin hat über Nacht ein 16 Meter hohes Kunstwerk des Bodmaner Bildhauers Peter Lenk ohne dessen Wissen abgebaut und verschwinden lassen. Das satirische Werk „Die Karriereleiter“ stand seit Ende 2007 vor der IBB, direkt an der Bundesallee im Berliner Bezirk Wilmersdorf. „Wir haben das Kunstwerk abbauen lassen, weil wir es nicht als Visitenkarte der IBB sehen und es nicht unserem Leitbild entspricht“, sagte Unternehmenssprecher Jens Holtkamp der taz, „wir setzen auf Kollegialität gegenüber unseren Mitarbeitern und Wertschätzung unserer Kunden.“

Das Kunstwerk „Die Karriereleiter“ zeigt drei Manager, die sich an ihr abmühen. „Wenn in der Provinz so etwas passiert, dann wundert mich das weniger, aber wenn in der Kunst- und Kulturstadt Berlin ein bankenkritisches Kunstwerk abgebaut wird, dann ist das schon bedenklich für unsere Demokratie“, sagte Lenk der taz. „Ich werde auf Wiederherstellung an der alten Stelle und Schadenersatz klagen.“

Es ist unklar, ob die Bank die Kunst einfach abmontieren darf oder nicht. Die IBB ist eine Anstalt öffentlichen Rechts und das zentrale Förderinstitut des Landes Berlin.

Die Kunstwerke des Bildhauers vom Bodensee sind immer umstritten, angefangen mit seiner berühmten Konstanzer Imperia. Als Lenk, 65, am taz-Gebäude das Springer-kritische „Friede sei mit dir“ installierte, wurde im Haus darüber auch kontrovers gestritten.

Unwöhnlich ist, dass eine Skulptur nach fünf Jahren plötzlich verschwindet. Im Gegensatz zu anderen Werken des Künstlers sind alle Figuren auch vollständig angezogen. Die Betonplastik war Ende 2007 von dem damaligen Vorstandsvorsitzenden Dieter Puchta gekauft und mit einem Vorstandsbeschluss durchgesetzt worden – gegen starken Widerstand aus der eigenen Belegschaft.

Kontroverse Kunstwerke

Puchta wollte damals der ambitioniert-unumstrittenen Kunst im Haus (von Picasso bis Chagall) auch kontroverse Kunst hinzufügen. Sein Nachfolger Ulrich Kissing, vormals im Vorstand der Deutschen Bank, war offenbar weniger begeistert.

„Die Karriereleiter“ thematisiert zu einem sehr frühen Zeitpunkt eine Ursache der Finanzkrise – Gier und Egoismus von Bankern. Der oberste Manager ist abgehoben, der mittlere Manager hindert den Untersten mit einem Fußtritt ins Gesicht am Weiterkommen. Die extreme Schräglage der Leiter ist laut Lenk ein Verweis auf die fragile Situation des Spätkapitalismus.

Das Kunstwerk und der stolze Verweis darauf, wurde umgehend auch von der Homepage der Bank entfernt. Warum hat die IBB ihrem eigenen Anspruch relativiert, „sich für eine vielfältige Kunst- und Kulturlandschaft als Quelle neuer Ideen und Sichtweisen zu engagieren“?

„Durch so ein Werk fühlen sich die Mitarbeiter provoziert und nicht gewertschätzt“, sagte Sprecher Holtkamp. Das Kunstwerk sei „ordnungsgemäß behandelt worden und in Topzustand“. Wo es nun ist, wollte er nicht sagen. Man habe dem Künstler angeboten, „gemeinsame Lösungen zu finden.“ Ein Ortswechsel ist für Lenk nicht akzeptabel. Es gehe um die „Ortsmagie“. Ein „bankenkritisches Kunstwerk“ könne nicht in einem Hinterhof stehen, sondern nur an einer Bank.

Obwohl die Plastik lange vorher entstanden war, wurde seit dem Amtsantritt des Vorstandsvorsitzenden Kissing getuschelt, dass die oberste Figur des Kunstwerks ihm ähnele, was ihm nicht gefallen könne. „Abstrus“, sagt sein Sprecher. Interessanterweise ist es bei den Werken des großen Satirikers Lenk fast immer so, dass diejenigen, die es vehement bekämpfen, sich darin erkannt haben.

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26 Kommentare

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  • R
    riesiko

    Nachdem der Kollege Lenk schon seit längerem die taz durchgeistert und dieses bei mir eher Argerlichkeit denn Betroffenheit auslöst, darüber, wie das Ganze durch Auslassungen verfehlt wird, hier meine Einwürfe:

     

    Indem Lenk als Satiriker geadelt wird, braucht sich keiner mehr Gedanken um seine künstlerischen Qualitäten zu machen.

    @Yumandi: Klar, Koons machte es nicht besser sondern bestenfalls genauso (unverbindlich)!

    Mir fällt dazu Claes Oldenburg ein, und schon weitet sich der Blick!

     

    Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, war Lenk auch der Urheber von 'poppigen Scheibenskulpturen' bevor er in seinen Heimathafen zurückkehrte, um in der Tradition seiner 'Väter' wieder figurativ zu arbeiten.

    Siehe dazu als Einstieg:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Karl-Henning_Seemann

    In besser Form auch der 'Boxer' von Gustav Seitz.

    Danke @ Franzi für den Hinweis!

     

    Weiter sollte gar nicht auf dieses Werken eingegangen werden, sonst ist man ihm schon in die Falle gegangen!

  • C
    christoph

    ach ja, und bitte hängt den taz-lenk auch schnell ab. das war doch seinerseits versprochen worden, wenn ich mich recht entsinne.

  • I
    Intern

    Nun sind wir wirklich in der Provinz angekommen: im Südkurier als die minimste Bank von Deutschland!!!

  • KK
    Karl K

    Berichtigung - heute, inne taz

     

    Selbige, die keine sein möchte, mit Schmunzeln gelesen.

    Alles Latte - oder was?

     

    Peter Lenk ist Lehrer! Gut. Nobody is perfect und - wir können nicht alle Karl-Heinz heißen.

    Egal - seine Interessen können nicht notwendig die Interessen von (allen) Belegschaftsmitgliedern der taz sein.

     

    Und - art is' nt fair.

    Anders stünde die Imperia in Konstanz nicht!

    Auf einem Grundstück der DB - nicht der Stadt.

    Konstanzer DB-Kunden hätten' s lange Zeit gern verhindert:

    "Abreißen!". So mußte die Bahn die 1:1-Kopie der " Papstfigur"

    aus dem Bahnhof wieder entfernen. Allens chlor?!

     

    "Berühmt/Berüchtigt" ? - is ganz ungroßstädtisch kleinkariert .

    N' Schlitzohr isser - wiewohl Lehrer. Und das hat auch nicht jeder.

  • I
    Intern

    An Franzi:

     

    Liebe Franzi, natürlich kann man auf so eine Idee kommen. Aber ich weiß, dass Puchta Dutzende von Berliner Künstlerinnen und Künstlern gefördert hat. Und da Lenk sicherlich einer der größten lebenden Kunstsatiriker in Deutschland ist, kann man doch keine Rücksicht darauf nehmen, dass er im Landkreis Konstanz lebt. Immerhin hat er schon 2007 das aufziehende Bankendesaster thematisiert, an dem insbesondere Banker von der Deutschen Bank mitgewirkt haben.

  • S
    SBerliner

    Guten Morgen. Was hält denn der Wowereit, als oberster Eigentümer der IBB, von diesem kleinkarierten Kunstverständnis? Ich dachte immer der steht auf der Seite der Künstler. Oder macht der nur noch Flughafen?

  • I
    Intern

    Die Überschrift in der Printausgabe der TAZ "Kunstraub" kam in ihrer Doppelsinnigkeit beim denkenden Teil der Führungskräfte in der Bank noch besser an. Danke!

  • S
    SBerliner

    Übrigens, was ich vergaß: Gott sei Dank gibt es so ein Medium wie die TAZ. Ich bin mir sicher, dass diese Geschichte fast alle anderen Medien ignorieren werden, weil sie von den Aufträgen der Banken abhängig sind!

  • K
    KarinB

    Ich schäme mich als Mitarbeiterin der IBB. Wir sollten uns wirklich anders profilieren.

  • F
    franzi

    Naja, ob Herr Puchta da so irrsinnig (selbst-)kritisch & künstlerisch innovativ war? Der IBB-Mann hat in Konstanz gelebt, und man weiß ja, dass im Musterländle eine Hand die andere wäscht. Sprich: Künstler aus dem eigenen Bundesland protegiert.

  • Y
    Yumandi

    worauf dürfen wir uns jetzt gefasst machen?

    knallrote herzen von koons am gebäude der ibb, die damit zeigen will, wie sehr die bank ihre mitarbeiter liebt? toll!

  • S
    SBerliner

    Das klingt sehr nach Provinztheater. Will sich Berlin auf diese Weise weltoffen präsentieren? Wer ist denn im Verwaltungsrat der IBB-Bank dafür verantwortlich?

  • L
    lowandorder

    Was jetzt? Was denn noch?

    Obama gewinnt die Wahl. Gut!

    Eins zu eins - "tot Gesagte" leben - Steffen Grimberg, fein!

    Und dann das: ein interessant-lesbarer Beitrag vom Herrn

    Chefreporter ( vgl. Vom Kaiserhof zur Reichskanzlei; ReichsGerPräsi Bumke)!

    Beides mit Schmunzeln gelesen.

     

    @von Bernd Pöplow

     

    " Wir han ja'n Vertrach""? - ja,vielleicht; aber so leicht wird das nicht werden;

    dank Beus (u.a. der Sektkühler) und vieler anderer hat der Kunstvorbehalt des Geundgesetzes in der Rechtsprechung eine ganz solide Gestalt.

    Und ich tipp daher mal - schlechte Karten für die Bank;

    zumal diese keine private, sondern eine öffentliche ist;

    für sie der Kunstvorbehalt also unmittelbar gilt.

     

    Hier aber kommt hinzu, daß die schöne Leiter - worauf Peter Lenk zu recht verweist - ja gerade für den öffentlichen Raum bestellt und geschaffen worden ist.

    Dem Kunstwerk, wie es so schön unschön heißt, inhärent ist.

     

    Also ihr Blindfische von der IBB - alte Bauerbregel - VORHER den Justitiar fragen;

    anderenfalls schon mal was Geld an Seite legen.

    Besser ist das.

  • A
    art-agiter

    amtliche Angsthasen

  • GH
    Gerhard Hofmann

    sehr schade, dass Berlin immer wieder so provinziell ist - man könnte auch sagen kleinkariert, unsouverän. Gerade von der IBB hätte ich das nicht erwartet: Die hatte doch unter Puchta ein gutes Ansehen, was die Kunst anlangte. Ich hätte auch nicht erwartet, dass man dort so wenig die Medienfolgen einkalkuliert hat...

    Hier übrigens die Karriereleiter als Ganzes: http://de.wikipedia.org/wiki/Karriereleiter

  • E
    Eric

    Ich schließe mich JürgenG an: Warum zeigt ihr nicht mal das komplette Kunstwerk?

  • A
    Adelheid

    Super Marketingstrategie! Jetzt, wo das Kunstwerk weg ist, erfährt auch jemand wie ich, dass es da vorher war! °,°

  • U
    UlrichK

    An Herrn von Pöplow:

     

    Das Urheberrecht ist eindeutig und liegt einzig und allein beim Künstler - und das bis 70 Jahre nach seinem Tod. Darüber hinaus dürfte man von einer seriösen Bank erwarten, dass sie VOR dem Abriss zunächst mit dem Künstler spricht, vielleicht hätte man von Mensch zu Mensch eine Lösung gefunden.

    Aber von einem Porsche fahrenden und Rolex tragenden Banker, der bei der Deutschen Bank durch die Schule der unendlichen Gier ging, gibt es nur eines: sich, sich und noch mal sich!!!

  • K
    KlausK

    Hat Sprecher Holtkamp wirklich das Wort

     

    "gewertschätzt" in den Mund genommen?

     

    Das tut weh!

  • F
    Fisch

    Hm, ein Künstler errichtet und verkauft ein Kunstwerk. Sollte es da nicht dem Käufer überlassen bleiben, was er mit dem Kunstwerk macht? Die Erben von Picasso, etc. können ja auch nicht bestimmen, wohin die Käufer die Bilder hängen. Wo ist also das Problem?

     

    Offensichtlich versuchen hier taz und Künstler wieder mal einen ziemlich normalen Vorgang zu skandalisieren. Oder haben bankenkritische Künster mehr Rechte als andere? Ist Herr Lenk gleicher als andere Künstler?

     

    @Bernd Pöplow: Sie haben natürlich recht, dass es anders sein kann, wenn im Vertrag ein Mitspracherecht vereinbart wurde, da scheint hier aber wohl nicht der Fall zu sein.

  • W
    WilderWusel

    Tja, da haben wohl an entscheidender Stelle welche die Wahrheit nicht vertragen;-). Hoffentlich müssen sie das Dingens wieder aufbauen.

  • G
    Goedden
  • D
    derralle
  • J
    JürgenG

    Und nun hätten wir Nicht-Berliner das Ding gerne einmal komplett gesehen!

  • BP
    Bernd Pöplow

    Was steht denn in dem Werkvertrag aufgrund dessen Peter Lenk dieses Werk erstellt hat? Klartext: Gibt es eine VERTRAGLICH vereinbartes Mitspracherecht des Künstlers über die Zeit nach der Ablieferung (und Bezahlung)hinaus?

     

    Warum kommt eigentlich bei der taz niemand auf das Naheliegende, nämlich einen Blick in die Verträge zu werfen? Alle Mitarbeiter (Freie und Angestellte) haben einen und wissen also, daß es soetwas gibt.

     

    Tja, in der Causa Steinbrück/Stadtwerke Bochum hat man auch nicht die schriftliche Vereinbarung angefordert.

     

    Vor ein paar Tagen hat man über Leute berichtet, die im Flughafen BER Ladenfläche angemietet haben und aufgrund der Verzögerungen in Schwierigkeiten kommen. Und auch hier wurde kein Wort über die vertragliche Situation verloren.

     

    Ist das Unvermögen, schlampige Arbeit oder einfach ein kalkuliertes Handeln um dem Artikel die gewünschte Richtung zu geben?

  • A
    anke

    Klar, man kann den Spiegel zerschlagen, wenn einem das Gesicht nicht gefällt, das er einem zeigt. Aber wird das Gesicht davon schöner?