Konjunkturprognosen: "Unsicher wie eh und je"

Die Gutachten sind fester Bestandteil wirtschaftspolitischer Beratung der Bundesregierung. Zuletzt waren Ökonomen und Politiker damit allerdings unzufrieden.

"Aufschwung legt Pause ein": Vorstellung des Herbstgutachtens Bild: dpa

BERLIN taz Es sorgte für viel Aufregung, als Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) im Februar offiziell das Ende der "Gemeinschaftsdiagnose, wie wir sie kennen", bekannt gab. Stattdessen schrieb er die "Herbst- und Frühjahrsgutachten" genannten Konjunkturprognosen öffentlich aus. Den Zuschlag erhielten das Münchner Ifo-Institut, das Institut für Weltwirtschaft in Kiel, das Institut für Wirtschaftsforschung in Halle und das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung in Essen. Alle hatten bereits zum Kreis der geförderten sechs Institute gehört. Überraschend war aber, dass das größte deutsche Wirtschaftsforschungsinstitut, das Berliner DIW, leer ausging, obwohl es seit 1950, also dem Beginn der Gemeinschaftsdiagnosen, dabei gewesen war.

Dafür brachten drei der vier teilnehmenden Institute Kooperationspartner mit: die Münchner die Konjunkturforschungsstelle aus Zürich, die Hallenser das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) aus Düsseldorf sowie das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung aus Wien und die Essener das Institut für Höhere Studien, ebenfalls aus Wien.

Die Herbst- und Frühjahrsgutachten sind ein fester Bestandteil der wirtschaftspolitischen Politikberatung und bilden die Grundlage für die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Bundesregierung. Ursprünglich sollten sie vor allem die Daten für den Sachverständigenrat der Bundesregierung, die sogenannten Wirtschaftsweisen, liefern, die darauf ihre wirtschaftspolitischen Empfehlungen aufbauen sollten.

Doch die Institute begannen bald damit, selbst politische Konzepte zu entwickeln, die die Gutachten immer weiter anschwellen ließen.

In den letzten Jahren waren Ökonomen, aber auch Politiker zunehmend unzufrieden mit den Ergebnissen. Sie seien zu wenig wissenschaftlich und oft ungenau, sie hätten einen zu engen Horizont und methodische Fehler, hieß es von den verschiedensten Seiten. Von der Neuvergabe versprach sich Glos "besser fundierte Ergebnisse".

Ob die nun vorliegen, wird sich erst erweisen müssen. "Wir haben uns von den Partnern Rückenwind versprochen", sagte RWI-Konjunkturexperte Roland Döhrn bei der Vorstellung der Gemeinschaftsdiagnose. Und den habe es auch gegeben.

Der Bremer Finanzwissenschaftler Rudolf Hickel glaubt jedoch, dass sich an der Qualität der Vorhersagen "nichts verändert" habe. Die Prognosen seien so "unsicher wie eh und je", vor allem, weil die Auswirkungen der Finanz- und Immobilienkrise "völlig unterschätzt" würden.

Etwas hat sich aber doch getan: Das Herbstgutachten ist gerade mal 69 Seiten dick. Und es gibt "abweichende Meinungen": An drei Punkten jedenfalls macht das Konsortium aus IWH, IMK und Wifo deutlich, dass es die Einschätzungen und Empfehlungen der Mehrheit nicht teilt - im Kleingedruckten.

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