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Konflikt zwischen Taiwan und China„Bis zum letzten Tag verteidigen“

China und die USA lancieren immer weitere Provokationen im südchinesischen Meer und in der Straße von Taiwan. Der Konflikt könnte zum Krieg eskalieren.

Auch der chinesische Flugzeugträger „Liaoning“ ist derzeit nahe Taiwan unterwegs Foto: ap

Peking taz | Für den kleinen Inselstaat Taiwan gehört das militärische Säbelrasseln der chinesischen Staatsführung längst zum Alltag; eine Bedrohung, die ein Großteil der Bevölkerung im Alltag lediglich als Hintergrundrauschen wahrnimmt. Dementsprechend gewichtig fällt die drastische Retourkutsche von Taiwans Außenminister Joseph Wu vom Mittwoch aus: Man werde sich „bis zum letzten Tag“ verteidigen, sollte Peking angreifen. Und notfalls, so fügte Wu an, werde man auch einen Krieg führen.

Seit Montag herrscht im Südchinesischen Meer wieder einmal „reger Verkehr“. Pekings Militärführung hat zehn Kampfjets in die Luftüberwachungszone Taiwans fliegen lassen. Auch Chinas Flugzeugträger „Liaoning“ ist derzeit nahe der Insel unterwegs, begleitet von mehreren Kriegsschiffen. Die Volksrepublik spricht von Routine-Übungen zur „Gewährleistung der nationalen Souveränität, Sicherheit und Entwicklungsinteressen“.

Gleichzeitig stößt sich die chinesische Staatsführung jedoch daran, dass rund 2.500 Kilometer südwestlich auch der US-Flugzeugträger „Theodore Roosevelt“, ebenfalls von Kriegsschiffen begleitet, durch die Gewässer schifft. Dies sei ebenfalls reine Routine, verlautbarte Washingtons Militärführung.

Auch die Durchfahrt des US-Kriegsschiffs „USS John S. McCain“ durch die Meerenge von Taiwan sende das „falsche Signal“ an die taiwanische Regierung, sagte Zhang Chunhui, ein Sprecher des chinesischen Militärs, am Donnerstag. Sie habe „die regionale Situation absichtlich durch Gefährdung von Frieden und Stabilität in der Meerenge von Taiwan gestört.“

China rüstet auf, um mit den USA gleichzuziehen

Hinter den Kulissen spitzt sich der Konflikt um Taiwan zunehmend zu: Peking betrachtet den Inselstaat als abtrünnige Provinz, die notfalls auch mit militärischem Zwang eingegliedert gehört. In Taiwan hingegen hat es hingegen längst auch die Peking-freundliche Kuomintang-Partei aufgegeben, mit Festlandchina einen harmonischen Ausgleich anzustreben. Und die Jugend des demokratischen Inselstaats fühlt sich vom autoritären China regelrecht abgestoßen.

Führende Generäle in den USA beobachten jedoch, dass Xi Jinpings Volksbefreiungsarmee möglicherweise in mittelfristiger Zukunft seinen Drohungen gegen Taiwan auch Taten folgen lässt: Ein Angriffskrieg werde immer wahrscheinlicher, heißt es, manche rechnen damit möglicherweise noch in diesem Jahrzehnt. Ob dabei vielmehr aus geopolitischem Kalkül eine übertriebene Drohkulisse aufgebaut wird, lässt sich schwer sagen.

Fakt ist: Peking rüstet sein Militär seit Jahren hoch, 2021 beträgt die Steigerung des Verteidigungsbudgets 6,8 Prozent. Ziel ist es, mit den Streitkräften der Vereinigten Staaten gleichzuziehen.

Besonders drastisch zeigt sich die Machtverschiebung bei der Marine der Volksrepublik: In weniger als zwei Dekaden hat sich deren Streitkraft mehr als verdreifacht – und ist zahlenmäßig mittlerweile zur weltweit größten aufgestiegen. In den Werften des tropischen Inselparadieses Hainan malochen die Arbeiter im Dreischichtbetrieb, sieben Tage die Woche. Ein solches Tempo kennt die Weltgemeinschaft höchstens aus Kriegszeiten.

Bislang sind sowohl Taiwan als auch China am besten damit gefahren, trotz anderslautender Rhetorik nach außen den derzeitigen Status Quo stillschweigend zu akzeptieren. Wenn dieses fragile Gleichgewicht nun auseinanderzubrechen droht, könnte tatsächlich ein militärischer Konflikt die Folge sein. Bei den regelmäßigen Militärmanövern reicht bereits eine falsch kalkulierte Gegenreaktion, um die Lage eskalieren zu lassen.

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9 Kommentare

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  • Eine interessante Entwicklung ist, dass sich prodemokratische Aktivisten aus verschiedenen asiatischen Ländern zusammen schließen.

    Bei Twitter gibt es beispielsweise einen Hashtag #MilkTeaAlliance , das bezieht sich ironisch auf eine Art Getränk, das in diversen Variationen jeweils in Taiwan, Thailand, und Hong Kong populär ist.

    www.theatlantic.co...paign=the-atlantic

    Ein anderes, sehr berührender Ausdruck der Demokratie ist der Lennon Wall in Hong Kong, wo Aktivisten ein in Prag entstandenes Denkmal für den ermordeten Johnn Lennon aufgegriffen haben, eine Form die auch in Friedensaktionen benutzt wurde.

    en.wikipedia.org/w...n_Wall_(Hong_Kong)

    Und inspiriert von den zahllosen Post-It Botschaften des Lennon Walls dort ist auch die "Lennon Wall Flagge", meiner Meinung nach ein ngroßartiger Ausdrucks des Strebens nach Demokratie und Solidarität inmitten von Vielfalt. Ich glaube, es gibt kaum ein Symbol, welches die Situation unserer Welt, und die Sehnsucht so vieler Menschen schöner und berührender ausdrückt!

    en.wikipedia.org/w...nnon_Wall_Flag.svg

    Momentan ist der Fokus auf den Ereignissen in Myanmar, bei denen nach Ansicht der Aktivisten Chian im Spiel ist.

    twitter.com/paing_...378601602815193089

    All das zeigt, dass die Geschichte der Menschheit und freiheitlicher Gesellschaften weiter geht. Auch in Zeiten von Putin, Erdogan und Bolsenaro sind wir keineswegs am Ende der Geschichte.

    Ich wäre sehr stolz, wenn sich unsere gewählten Vertreter deutlicher zu den Vorgängen in Myanmar äußern würden. Die Idee der Demokratie lebt in Asien - wo bleibt die Solidarität der Europäer? Ist es nicht klar, dass ohne Demokratie in Asien unsere Freiheiten und Rechte auch nicht fortbestehen können, und dass wir auch die wichtigsten Probleme, wie Klimawandel, ohne mehr Demokratie nicht lösen können?

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Jetzt kann man China noch stoppen. Man sollte es tun. Ansonsten drohen noch viel mehr Opfer.

    • @4813 (Profil gelöscht):

      Ich würde hoffen, dass die Konflikte der Zukunft weniger militärisch ausgetragen werden, zu sehr ist unsere Welt eigentlich verflochten. Und außerdem ist militärische Technik kein Alleinstellungsmerkmal einer Nation mehr (abgesehen von der fatalen Abhängigkeit der Europäer bei Mikrochips).

      Die weitere Expansion Chinas wird denn auch wahrscheinlich nicht in erster Linie militärisch erfolgen, sondern durch wachsenden wirtschaftlichen Einfluss und Machtausübung, und anschließend kulturell - das zeichnet sich schon ab.

      Es würde uns Europäern helfen, Regierungen zu haben, für die Wirtschaftsinteressen und ein bis zum Anschlag maximiertes Bruttosozialprodukt keinen heiligen Kühe sind.

      Ansonsten darf man nicht vergessen, dass auch Menschen in Asien durchaus zu haben sind für Demokratie und individuelle Freiheiten. Der Protest auf dem Platz des Himmlischen Friedens ist nicht vergessen. Das ist es, wovor sie Angst haben.

  • taiwan sollte erklären dass es einer wiedervereinigung mit china zustimmen wird ,sobald die volksrepublik sich demokratisiert hat und ein staat geworden ist in dem die menschen und bürger*innenrechte respektiert werden



    das wird sicher noch eine weile dauern



    und wenn es soweit ist -dass einer wiedervereinigung nichts mehr entgegensteht kann taiwan auf einen autonomiestatus innerhalb der volksrepublik china anspruch erheben

    die usa sollten sich aus der region zurückziehen



    das unvernünftige wettrüsten das öffentliche mittel verschlingt die china und die usa in den klimaschutz investieren sollten muss im interesse der menschheit beendet werden

  • Düstere Aussichten. Aber nicht ganz unwahrscheinlich.

    Die chinesische Führung ist von Furcht geritten.

  • Man sollte auch betrachten, *was* China aufrüstet. Die chinesische Kriegsmarine besitzt bereits jetzt über 250 Landungsschiffe - mehr als der Rest der Welt einschließlich den USA zusammen. Und das ist wirklich nicht die Ausrüstung, die man zur Verteidigung der eigenen Küste und Handelswege benötigt.

  • Also Ukraine und Taiwan bekommen Angst vor Russland und China, während die "McCain" vor der chinesischen Küste patroulliert und NATO-Abfangjäger über der Ostsee heulen. Vielleicht mal ein bisschen chillen.

  • Und wer finanziert das nationalistische expansive China? Der Westen selbst. Riesendummheit.



    Geschrieben von einem Endgerätproduziert in der PCR...