Konflikt zwischen Australien und China: Der Spion, der aus China kam

Ein in Australien um Asyl bittender Chinese offenbart sich als Spion Pekings. Die dortige Regierung nennt ihn einen kriminellen Betrüger.

Demonstranten mit Transparent

Peking ist beunruhigt: Unterstützer der Hongkonger Demokratiebewegung im australischen Brisbane. Foto: Reuters

CANBERRA taz | Australischen Medienberichten zufolge hat ein übergelaufener chinesischer Spion sich dem australischen Geheimdienst ASIO offenbart. Er würde den Behörden seit Oktober bei der Aufdeckung von Spionage helfen. Wang „William“ Liqiang habe demnach für sich und seine Familie einen Asylantrag gestellt.

„Ich habe persönlich bei einer Reihe von Spionageaktivitäten mitgewirkt“, wird Liqiang zitiert. Den Berichten zufolge soll er ausgesagt haben, Peking infiltriere systematisch die politischen System in Australien, Hongkong und Taiwan. Er sei selbst 2015 an der Entführung von fünf regimekritischen Buchhändlern von Hongkong nach China beteiligt gewesen.

Außerdem habe Liqiang wirtschaftliche und politische Spionage betrieben sowie Universitäten infiltriert. Auch will er Dissidenten belästigt haben – unter anderem mit Cyberangriffen.

Australiens Finanzminister Josh Frydenberg bezeichnete die Vorwürfe an die Adresse Pekings als „sehr beunruhigend“. Das Innenministerium lehnte eine Stellungnahme ab. Man äußere sich nicht zu einzelnen Asylanträgen.

Spion mit Touristenvisum

Laut der Nachrichtenagentur Reuters habe Chinas Polizei inzwischen erklärt, der 26jährige Liqiang sei kein Spion, sondern ein verurteilter Krimineller. Er sei ein Arbeitsloser aus der Provinz Fujian und werde wegen eines Betrugsfalls gesucht. Im April sei er mit einem gefälschten chinesischen Pass samt Dauervisum nach Hongkong gereist. Seit Oktober ist er in Australien mit einem Touristenvisum.

Liqiang nicht der erste mutmaßliche chinesische Spion, der sich Australiens Behörden gestellt hatte. Im September 2005 hatte sich Yonglin Chen, ein hochrangiger Mitarbeiter im chinesischen Konsulat in Sydney, abgesetzt. Er lebt heute mit seiner Familie unter australischem Schutz in der Stadt. Als Diplomat war er für die Überwachung politischer Dissidenten zuständig gewesen. Er erklärte damals, Peking führe mehr als eintausend Agenten in Australien. Er selbst habe seine Tätigkeit nicht mehr mit seinem Gewissen vereinbaren können.

Chen sagte der taz, er könne nicht bestätigen, ob der jetzige Überläufer „echt“ sei. Doch müsse Liqiang um sein Leben fürchten, wenn er tatsächlich ein chinesischer Spion sei. Denn er habe „Namen chinesischer Agenten und Schattenfirmen“ genannt. „Er ist in Australien nicht sicher“, so der Ex-Diplomat.

„Australiens Elite auf allen Ebenen von China infiltriert

Australiens mutmaßliche Unterwanderung durch seinen wichtigsten Handelspartner beschäftigt die Politik seit Jahren. Der Akademiker Clive Hamilton sagte der taz, Australiens politische Elite sei „auf allen Stufen von China infiltriert worden“. So säßen immer häufiger Abgeordnete im lokalen und nationalen Parlamenten, die sowohl die australische als auch die chinesische Staatsbürgeschaft hätten. Viele der Politiker hätten gar eine Funktion in der kommunistischen Partei ihres Herkunftslandes.

Jüngst war bekannt geworden, dass Gladys Liu, eine einflussreiche Abgeordnete der konservativen Koalitionsregierung, Verbindungen zum mächtigen Propagandaarm der Kommunistischen Partei unterhielt. Selbst Aufsichtsgremien von kulturellen Institutionen wie das nationale Kriegsmuseum seien von China mit Agenten „unterwandert“, so Hamilton.

Ex-Politiker als gut bezahlte Lobbyisten Pekings

Australische Ex-Politiker, unter ihnen Handelsminister Andrew Robb, seien – kaum aus dem Amt – als gut bezahlte Lobbyisten im Auftrag Pekings unterwegs, um Kritik an China mit pro-chinesischen Aussagen zu kontern. Und reiche chinesische Geschäftsleute unterstützten australische Parteien mit Spenden.

„Man kann sich mit 100 000 Dollar viel Einfluss kaufen“, so Hamilton. Nicht immer aber lohne sich dies: So verlor der Labor-Senator Sam Dastyari 2018 sein Amt. Er hatte sich von einem chinesischen Geschäftsmann tausende Dollar an Spesen bezahlen lassen. 5,6 Prozent der 25 Millionen Australierinnen und Australier haben chinesische Wurzeln.

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