Konflikt um die Krim: Ukraine ordnet Truppenabzug an

Die Regierung in Kiew will, dass alle ukrainischen Soldaten die Krim verlassen. Angeblich hat sie der Halbinsel den Strom gekappt. In Den Haag tagen die G-7-Staatschefs.

Dieses ukrainische U-Boot wurde schon von der russischen Marine konfisziert. Bild: imago/Itar-Tass

SIMFEROPOL dpa/rtr | Die ukrainischen Truppen auf der Krim sollen sich nach Worten des Übergangspräsidenten Alexander Turtschinow von der Halbinsel zurückziehen. Dies habe das Verteidigungsministerium angeordnet. Die Ankündigung erfolgte kurz nachdem das ukrainische Militär mitteilte, dass russische Soldaten am Montag auf der Krim einen Versuch zur Eroberung des Marine-Stützpunktes in Feodosia gestartet hätten. Dabei sollen die Russen auch Hubschrauber eingesetzt haben. Schon am Samstag hatten russische Truppen das Tor des ukrainischen Fliegerhorsts Belbek mit schwerem Gerät durchbrochen, Berichten zufolge wurde dabei ein Journalist verletzt.

Nach dem umstrittenen Beitritt der Krim zu Russland werfen die neuen Machthaber auf der Halbinsel der Ukraine vor, die Stromversorgung zu kappen. Nur etwa 50 Prozent des vereinbarten Lieferumfangs komme im Moment auf der Krim an, sagte Vizeregierungschef Rustam Temirgalijew in Simferopol am Montag. Er warf der Ukraine vor, die Halbinsel nach ihrem Anschluss an Russland nun unter Druck setzen zu wollen. Die Krim sei aber vorbereitet und habe Hunderte Dieselgeneratoren, um auf Stromsenkungen zu reagieren.

Krankenhäuser, Pumpstationen für die Wasserversorgung und die Machtstrukturen würden weiter ausreichend versorgt, sagte Temirgalijew. Gegenwärtig würden neun mobile Elektrizitätsstationen errichtet. Damit werde die Halbinsel in anderthalb Monaten unabhängig von der Station des ukrainischen Kernlandes sein. Im schlimmsten Fall drohe für diese Zeit eine eingeschränkte Versorgung.

Ukrainische Medien berichteten, dass der Strom etwa in Jalta, Sudak und Jewpatorija ausgefallen war am Sonntagabend. Der Versorger Krimenergo gab dem ukrainischen Unternehmen Ukrenergo die Schuld an den Engpässen. Der ukrainische Regierungschef Arseni Jazenjuk hatte zuvor erklärt, dass ungeachtet der Spannungen die Halbinsel weiter versorgt werden solle, Russland dafür aber zahlen müsse.

An diesem Montag soll auf der Krim neben der ukrainischen Währung Griwna offiziell der Rubel als Zahlungsmittel eingeführt werden. Russlands Präsident Wladimir Putin ordnete zudem die Einführung neuer Verwaltungsstrukturen an. Bis zum 29. März müssen die Polizei und der Zivilschutz, aber auch der Inlandsgeheimdienst FSB und andere Staatsorgane nach russischem Recht errichtet werden.

Steinmeier droht mit stärkeren Sanktionen

Nach der Annexion der Halbinsel Krim wächst im Westen die Sorge vor neuen Gebietsansprüchen Russlands. Die Nato zeigte sich beunruhigt über die russische Truppenpräsenz an der Ostgrenze der Ukraine. Die Streitkräfte seien so stark, dass sie im Konflikt um die abtrünnige Region Transnistrien auch eine Bedrohung für die frühere Sowjetrepublik Moldau darstellen könnten, sagte Oberkommandeur Philip Breedlove in Brüssel. Außenminister Frank-Walter Steinmeier drohte Moskau mit schärferen Sanktionen, falls sich die Krise ausweite.

In Donezk in der Ostukraine hatten am Sonntag mehrere tausend Menschen ein Referendum über eine Abspaltung gefordert, viele Demonstranten unterzeichneten Probestimmzettel. Für zusätzliche Unruhe sorgten Spekulationen über eine Konzentration russischer Streitkräfte an der Grenze. Moskau wies diese Berichte zurück. Russland halte sich an alle internationalen Vereinbarungen, sagte Vizeverteidigungsminister Anatoli Antonow der Agentur Interfax zufolge.

In der Nato wird inzwischen die Verlegung von Truppen erörtert. Oberkommandeur Breedlove sagte, die Allianz müsse angesichts der russischen Truppenstärke an der ukrainischen Grenze über die Stationierung und Einsatzbereitschaft ihrer Kräfte nachdenken. Das gelte besonders für das Baltikum, aber auch für andere Orte.

OSZE-Beobachtermission begonnen

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat inzwischen die lange erwartete internationale Beobachtermission in der Ukraine gestartet. Die Experten sollen kontrollieren, ob der Schutz von Minderheiten gewährleistet ist und es Anzeichen für Interventionen von außen gibt. Auf die Krim dürfen sie jedoch nicht, da Russland die Halbinsel nach der Annexion als russisches Territorium betrachtet.

US-Präsident Barack Obama und die anderen Staats- und Regierungschefs der führenden sieben Industriestaaten (G7) beraten an diesem Montag in Den Haag über die Ukraine-Krise. Am Rande eines Gipfels von 53 Staatenlenkern über den Schutz von Nuklearmaterial vor Terroristen will die Siebener-Gruppe ein Zeichen der Gemeinsamkeit und Geschlossenheit gegenüber dem russischen Präsidenten Wladimir Putin setzen. Die G7 wird Russland voraussichtlich davor warnen, die Lage in der Ukraine weiter zu destabilisieren und etwa Truppen in den Osten der Ukraine zu schicken. Zu dem Gipfel kommt auch Bundeskanzlerin Angela Merkel.

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