Konflikt um Hambacher Forst: Schlichtung mit Joschka Fischer?
RWE und Waldbesetzer suchen Wege aus der Gewalt – doch beide Seiten sind skeptisch. Unterdessen ermittelt die Staatsanwalschaft.
Eine solche Schlichtung haben diese Woche die Grünen des Kreises Düren dem Landrat Wolfgang Spelthahn (CDU) vorgeschlagen. Er solle auf die „Hilfe eines Mediators“ zurückgreifen, „der Vorschläge zur Befriedung entwickelt“.
Zuvor hatte die Auseinandersetzung zwischen Forstbesetzern und Klimaschänder RWE eine neue Stufe erreicht: Ein weißer RWE-Pickup war am Donnerstag in eine Gruppe Demonstranten gefahren, einer wurde verletzt, sodann „auf die Ladefläche des Fahrzeugs gepackt und verschleppt“. Die Polizei habe nicht ermittelt, klagten die Opfer. Später hatten die Besetzer mit Steinen und Zwillen RWE-Mitarbeiter angegriffen und waren festgenommen worden. Laut RWE waren sogar Messer gezückt und ein Pumpwerk in Brand gesteckt worden.
Schlichtung? Die Aachener Nachrichten schlagzeilten gestern gleich: „Vorbild Stuttgart 21: Endlich Friede für den Hambacher Forst?“ Und die Zeitung machte Vorschläge für geeignete Schlichter: Joschka Fischer, Gerhart Baum oder gleich den Bahnhofs-Befrieder aus Stuttgart, Heiner Geißler, selbst Mitglied bei Attac.
Besetzerin Katja Schäfer
Besetzer-Sprecherin Schäfer ist von den Namensvorschlägen indes wenig begeistert: „Runder Tisch heißt kommunizieren, nicht zwangsweise Einigung, schon gar nicht als Opium fürs Volk wie bei Stuttgart 21“. Zudem könne es sein, dass sich Einzelne nicht an eine Abmachung halten würden, das müsse jeder für sich entscheiden. Ihre Vorbedingung: „Wir handeln anonym. Ausweiskontrollen schließen einen runden Tisch aus.“ Und das Ergebnis könne nur sein: Ende der Rodungen. „Und so weit wird RWE nicht gehen.“
Derweil hat die Staatsanwaltschaft Aachen ein Ermittlungsverfahren gegen den Fahrer des RWE-Fahrzeugs aufgenommen – wegen gefährlicher Körperverletzung. Auslöser war die Strafanzeige des Kerpener Steuerberaters Kurt Claßen. Er ist seit Jahren engagierter Unterstützer der Widerständler und hat ihnen als Eigentümer auch die Wiese zur Verfügung gestellt, auf der die Kohlegegner ihr Camp errichtet haben. Die Anzeige mutmaßt sogar „mehrfach versuchten Mord“ – mit einem „gemeingefährlichen Mittel, dem Jeep“. Zudem läge versuchte Strafvereitelung im Amt vor, da das angefahrene Opfer in Untersuchungshaft genommen wurde, nicht aber der bislang unbekannte Fahrer.
Der Landrat Wolfgang Spelthahn jedenfalls könnte bei einer Schlichtung fast sein eigener runder Tisch sein: Er war bis zum Sommer im Aufsichtsrat von RWE, ist Chef der Dürener Polizei und eben der machtvollste und strippenkundigste Politiker rund um die bedrohten Forste. Immerhin, er wolle die Idee prüfen, sagte er. Ob Geißler schon mal seinen Terminkalender checken sollte? Unabhängig davon kündigten die Besetzer eine Großaktion für Samstag an.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau