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Konflikt Pakistan-AfghanistanFriedensgespräche sind gescheitert

Pakistan hat Verhandlungen mit dem Nachbarland für gescheitert erklärt. Das dortige Taliban-Regime sei nicht auf Islamabads Forderungen eingegangen.

Ein Taliban-Kämpfer sitzt am 15. Oktober hinter einem Flak-Geschütz an der Grenze zu Pakistan bei Spin Boldak Foto: reuters

taz | Die Friedensgespräche zwischen Pakistan und Afghanistan in Istanbul sind nach vier Verhandlungstagen gescheitert. Am frühen Mittwochmorgen machte Pakistans Informationsminister Attaullah Tarar dafür das afghanische Taliban-Regime verantwortlich. In einem Post auf X erklärte er, die Regierung in Kabul habe sich geweigert, gegen extremistische Gruppen vorzugehen.

Die Regierung in Islamabad wirft den afghanischen Taliban vor, den pakistanischen Taliban (TTP) Unterschlupf zu gewähren und ihnen so terroristische Angriffe auf Pakistan zu ermöglichen. Die afghanischen Taliban haben dies stets dementiert und Pakistans Sicherheitsprobleme immer nur als Problem der dortigen Innenpolitik bezeichnet.

Die afghanischen und pakistanischen Taliban sind organisatorisch getrennt, aber teilen die gleiche islamistische Ideologie. Unter Beobachtern gibt es wenig Zweifel, dass sich TTP-Führer zumindest zeitweilig in Afghanistan aufhalten und von dort aus auch Anschläge und Angriffe planen.

Umgekehrt war Pakistan selbst der Geburtshelfer der afghanischen Taliban und hat jahrelang ihre Führer beherbergt. So hintertrieb Islamabad von 2001 bis 2024 die afghanischen Regierungen von Hamid Karsai und Aschraf Ghani sowie die von den USA geführte internationale Militärintervention.

Afghanische Taliban verweigern sich pakistanischem Druck

Seit der von Islamabad begrüßten erneuten Machtübernahme der afghanischen Taliban 2021 hat sich das bilaterale Verhältnis aber verschlechtert. Die nationalistischen und stolzen Taliban weigern sich, nach Islamabads Pfeife zu tanzen. Islamabad versuchte mit der Ausweisung von mehr als einer Million afghanischen Flüchtlingen, die zum Teil seit Jahrzehnten in Pakistan lebten, Druck auf Kabul auszuüben. Zuletzt ärgerte sich Islamabad über die Annäherung des Taliban-Regimes in Kabul an Pakistans Erzfeind Indien.

Jetzt warf Tarar den Taliban vor, sich gleichgültig gegenüber Pakistans Verlusten im Kampf gegen Terroristen zu zeigen. Deshalb hätten die dankenswerterweise von der Türkei und Katar vermittelten Gespräche in Istanbul jetzt „keine praktikable Lösung“ gebracht.

Zwischen den südasiatischen Nachbarstaaten waren am 11. Oktober grenzüberschreitende Kämpfe ihres Militärs ausgebrochen. Mit mutmaßlich von Pakistan aus auf Kabul abgefeuerte Raketen hatte Islamabad versucht, TTP-Führer in der afghanischen Hauptstadt zu töten.

Nach Kämpfen mit mehreren Dutzend Toten auf beiden Seiten einigten sich die Regierungen am 19. Oktober in Katar zunächst auf einen Waffenstillstand. Die folgenden Istanbul-Gespräche sollten eine dauerhafte Lösung bringen.

Erst am letzten Wochenende hatte es bei Gefechten an der Grenze laut Al-Dschasira nach pakistanischen Armeeangaben 30 Tote gegeben, darunter 5 pakistanische Soldaten und 25 mutmaßliche TTP-Kämpfer.

Gegenseitige Vorwürfe

Aus Kabul gab es zunächst keine Reaktion auf Tarars Vorwürfe. In den vergangenen Tagen hatten jedoch schon die von den afghanischen Taliban kontrollierten Staatsmedien Pakistan für ausbleibende Verhandlungsfortschritte verantwortlich gemacht.

Zu Wochenbeginn soll US-Präsident Donald Trump vom Asean-Gipfel in Kuala Lumpur aus erklärt haben, er könne den Konflikt schnell beenden. Erst kürzlich hatte er eine Rückgabe des afghanischen Luftwaffenstützpunkts Bagram nördlich von Kabul an das US-Militär gefordert, was niemand in der Region unterstützt.

Am Mittwoch erklärte Pakistans Verteidigungsminister Khawaja Asif, wenn nötig, könnte Pakistan das Taliban-Regime besiegen. Er warf den selbsternannten Gotteskriegern vor, ihr Land in einen Friedhof der eigenen Bevölkerung zu verwandeln. Zwar ist das Militär der Atommacht Pakistan dem der Taliban überlegen, doch haben schon die USA diese nicht besiegen können.

Beobachter verweisen darauf, dass die paschtunischen Taliban schon in der Vergangenheit nicht gewillt waren, äußerem und sogar militärischem Druck nachzugeben. So hatten sie sich 2001 nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 geweigert, Al-Qaida-Führer auszuweisen. Vielmehr dürfte Pakistans Druck die nationalistischen Taliban jetzt innenpolitisch stärken.

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