Komödie „Die glitzernden Garnelen“: Einladung zum Mitfeiern

Die französische Komödie „Die glitzernden Garnelen“ begleitet eine schwule Wasserballmannschaft. Mit dem Publikum meint sie es gut.

Ein Mann in Sportkleidung sitzt am Schwimmbeckenrand, vor ihm im Wasser sitzt eine Schwimmmannschaft.

Ein homophober Schwimmtrainer? Matthias Le Goff (Nicolas Gob) muss das Gegenteil beweisen Foto: Edition Salzgeber

Irgendwas muss dran sein an der Kombination von Männern, Schwimmbädern und Kino, denn gefühlt kommt seit einiger Zeit mindestens ein Film dieser Sorte pro Jahr heraus. Die Entzifferung der wahren subkutanen Bedeutungsstrukturen wird nachfolgenden Generationen vielleicht besser gelingen. Für das Hier und Heute lässt sich nur feststellen: In Badehose kommen Männer auf eine Weise zusammen und zu sich, wie es zuletzt vielleicht nur im karierten Shirt zu Pferd im Western geschah. Der Chlorgeruch des Hallenbads als neuer Duft der Prärie, äh Freiheit …

„Die glitzernden Garnelen“ beginnt mit Bildern eines trotzig blickenden Schwimmers, der sich gerade die Karriere versaut hat, wie man den aus dem Off erklingenden Nachrichtenmeldungen entnimmt: Matthias Le Goff (Nicolas Gob) hat einen aufdringlichen Interviewer als „Schwuchtel“ bezeichnet und wurde daraufhin von seinem Verband von der Qualifikation für die nächsten Olympischen Spiele ausgeschlossen.

Man gibt ihm aber eine letzte Chance auf Wiedergutmachung: Er soll sich verpflichten, eine schwule Wasserballmannschaft zu trainieren und zu den Gay Games in Kroatien zu begleiten.

Er sei nicht homophob, beteuert Matthias, wobei sein befremdet-verklemmtes Lächeln, als er zum ersten Mal die Umkleidekabine der „glitzernden Garnelen“ – so der selbstgewählte Name der schwulen Wasserballer – betritt, genau das Gegenteil zu beweisen scheint. Umgekehrt finden es auch auf der Seite der LGTBQ-Sportler nicht alle toll, nun von einem Hetero-Schwimmer mit schlechter Attitüde betreut zu werden.

„Die glitzernden Garnelen“. Regie: Cédric Le Gallo und Maxime Govare. Mit Nicolas Gob, Alban Lenoir u. a. Frankreich 2019, 100 Min.

Als versierter Kinobesucher weiß man fast zu gut, wohin das Ganze führen wird: Mannschaft und Trainer werden sich zusammenraufen, gegenseitige Ressentiments werden zum Witz und dann abgebaut, irgendwas wird schiefgehen auf der Reise, aber am Schluss wird es auch einen Triumph geben, wenn auch nicht den ersten Platz, denn das würde die Formel überstrapazieren.

Das gewisse Gay-Pride-Parade-Feeling

„Die glitzernden Garnelen“ enttäuscht in dieser Hinsicht nicht und hübscht das Prozedere noch auf mit ein paar Musik- und Tanznummern, die dem Ganzen ein gewisses Gay-Pride-Parade-Feeling verleihen. Letzteres fasst die Intention des Films ganz gut zusammen: Der Film will seine Zuschauer weder mit eigenen Vorurteilen konfrontieren noch sonst wie aus der Komfortzone holen, sondern schlicht zum Mitfeiern einladen. Regenbogenflagge, yeah!

Nicht, dass dagegen was zu sagen wäre, wie es in der legendären „Seinfeld“-Folge heißt. Aber vielleicht sind es gerade die gelungenen Aspekte dieses Films, die die verpassten Chancen des Genres fast überdeutlich werden lassen. Nicht nur, dass das charismatisch aufspielende Ensemble sämtlich unterfordert wirkt, das wenig präzise Drehbuch lässt zwar alle Figuren mal ins Rampenlicht treten, entwickelt aber für keine eine überzeugende Transformation.

Das gilt sowohl für Randgestalten wie den schüchternen Vincent (Félix Martinez), der auf dem Kroatien-Trip eine sehr überstürzt abgehandelte erste Liebe erfahren darf, als auch für zentrale Figuren wie Jean (Alban Lenoir), den Kapitän der Wasserballer, der in seinem muskel-modellierten Körper eine tödliche Krankheit verbirgt. Ganz zu schweigen davon, dass der Film seinen Protagonisten, den „eigentlich nicht homophoben“ Matthias zwischendurch völlig vergisst.

Vieles wird einfach nur angerissen: Die Frage, was homophob ist und wer wann wen Schwuchtel rufen darf, beantwortet der Film allzu leicht mit einem „unter uns ja!“. Interessantes wie den Streit um das „Heteronormative“ an Cédric (Michaël Abiteboul) und seiner Kleinfamilie aus Gatte und Zwillingssöhnen, wird viel zu flüchtig abgehandelt. Und völlig blind scheint der Film gegenüber der eigenen Prämisse, die den „wahren“ Sport als naturgegeben hetero, den schwulen Amateursport aber als unterambitioniert und notorisch zu sehr dem Feiern zugeneigt hinstellt.

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