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Kommunikation der WälderVon singenden Bäumen

Bäume kommunizieren über ein unterirdisches Wurzelsystem miteinander. Das und andere magische Spekulationen zu den grünen Lungen der Erde.

Lasst uns reden: Bäume haben ein ausgefeiltes Kommunikationssystem Foto: Sven-Erik Arndt/imago

D as Verrückteste, was ich im neuen Jahr gesehen habe, war eine Gruppe aus fünf singenden Baumstämmen auf einem Platz nahe einem der wenigen Weihnachtsmärkte, die noch geöffnet hatten.

Eine Videoinstallation projizierte Gesichter auf die Rinde der Stämme, sie waren leuchtend angestrahlt, aus einer Audiospur klang schon von Weitem Gesang, dann verstummte er. Einmal dort angekommen, standen die auf diese Weise anthropomorphisierten Holzgewächse einfach nur da, scheinbar schlafend, fast sah man die Lider nicht. So richtig unheimlich, was niedlich sein sollte.

Plötzlich rissen die Bäume die Augen auf und stellten sich erst mal als zwei Schwestern und drei Brüder vor, bevor es mit den Liedern losging. Ich wusste zwar nicht, dass jetzt auch noch Bäume ein Gender haben, aber bitte. Bei Legosteinen war das ja auch irgendwann so.

Gruselig oder niedlich?

Niedlich war dann aber doch ein kleines Kind, das auch dort stand und die Namen der singenden Videobäume schon auswendig kannte und die Lieder laut mitkrähte. Dieses Kind hatte eben nicht wie ich einen gruseligen Film mit Gesichtern ohne Augen im Kopf, sondern fand das alles einfach witzig. Es stand wie angewurzelt da und musste schon mehrmals hierher gekommen sein, so investiert war es in die Video-Baum-Performance.

Anstatt immer nur „creepy“ zu flüstern, kam es mir: Vielleicht ist das ja doch irgendwie toll mit den singenden Bäumen – schließlich sollen sie auch ganz ohne Animation ein ausgefeiltes Kommunikationssystem haben. Wie 2022 im National Geographic zu lesen war, sind Bäume unter der Erde über ein riesiges Netzwerk aus Wurzel- und Pilzgeflechten verbunden, durch das sie kommunizieren können. Sie senden Signale, reden miteinander oder geben Bescheid, wenn eine Gefahr droht. Das gelingt auch über große Distanzen, von einem Wald zum anderen. So wird es zumindest in der populärwissenschaftliche Lesart der Wald-Pilzforschung angedacht, einige Wissenschaftler_innen mahnen an, dass erst mal mehr Forschung zum Thema nötig ist.

Doch allein die Vorstellungskraft, die diese Spekulationen freisetzen, ist es wert, sich das mal einen Moment lang zu überlegen: Wir sind als Menschen ebenso verbunden wie die Bäume, auch wenn wir so tun, als existiere diese Verbindung untereinander nicht. Wir Menschen denken uns stattdessen bloß blöde Sprichwörter aus, irgendwas von Wäldern, aus denen es so herausschallt, wie man hineinruft. „Behandeln Sie andere so, wie Sie selbst behandelt werden wollen“ und so weiter.

Beeindruckende Kommunikation

Von der Kommunikationsfähigkeit der Bäume können wir uns eine Scheibe abschneiden. Stattdessen schneiden und sägen wir in den Wäldern, forsten ab. Wir müssten vielmehr Forst erhalten und die notwendigen Schritte tun, um Menschen, deren Arbeit von der Holzindustrie abhängt, abzusichern. Es braucht Ideen einer Zukunft, in der die kleinen und großen grünen Lungen der Erde weiter atmen können.

Um es ganz nerdig zu sagen: Bei der unfassbaren Idee der Baumintelligenz ist es kein Wunder, dass auch die Science Fiction inzwischen das Konzept eines „Mycel-Netzwerks“ erkundet: Riesige Schwärme von Pilzgeflechten und Sporen, entlang derer ein Raumschiff, das mit einem Sporenantrieb ausgestattet ist, durch den blau schimmernden Subraum surfen kann. Vom Waldboden erhebt sich die Idee in den Weltraum.

Nur dass auch auf dem Schiff namens USS Discovery, nach der die Star Trek-Serie mit dem tollen Fungus-Antrieb benannt wurde, erst mal ein überdimensionales Bärtierchen gezwungen wird, mit dem Sporenantrieb zu interagieren. Dass ihm dies riesige Schmerzen zufügt, die es fast umbringen, ist dem Kapitän egal. Michael Burnham, die erste Offizierin an Bord, lässt das Wesen schließlich entgegen dessen Befehlen frei.

Mehr ziviler Ungehorsam, das ist doch mal ein guter Vorsatz.

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Noemi Molitor
Redakteur:in
Redakteur:in für Kunst in Berlin im taz.Plan. 2022-2024 Kolumne Subtext für taz2: Gesellschaft & Medien. Studierte Gender Studies und Europäische Ethnologie in Berlin und den USA und promovierte an der Schnittstelle von Queer-Theorie, abstrakter Malerei und Materialität. Als Künstler:in arbeitet Molitor mit Raum, Malerei und Comic. Texte über zeitgenössische Kunst, Genderqueerness, Rassismus, Soziale Bewegungen.
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3 Kommentare

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  • „Ich wusste zwar nicht, dass jetzt auch noch Bäume ein Gender haben, aber bitte.“

    Das nennt sich zweihäusig / diözisch.



    Betrifft die meisten Weiden und Pappeln, aber auch z.B. Eiben, Kiwis oder Maulbeeren. Ist zwar deutlich seltener als die Einhäusigkeit und ist an den beschriebenen angeleuchteten Bäumen biologisch vermutlich inkorrekt, aber insgesamt nicht falsch.



    Hätte man natürlich nachforschen können, bevor man drüber ätzt ;-)

  • "einige Wissenschaftler_innen mahnen an, dass erst mal mehr Forschung zum Thema nötig ist."

    Beeilt euch, mit den Forschungen! Ehe mensch die letzten Forschungsobjekte verheizt hat.



    Zurzeit sprechen die Bäume vor allem als Holzbrand aus ständig mehr werdenden Kaminöfen zu uns. Es riecht nach 1970. Und irgendwie nach Tod.

  • Meine Bäume im Garten sind immer bestens informiert von den Nachbarbäumen, die wiederum mit den Bäumen des Bürgermeistergründstücks in Kontakt stehen.



    Das summt mir immer mein Lieblingsbaum zu, unter dem ich schon als Kind gespielt habe und der mich auf dem Laufenden hält.



    Sagt nur, ihr kennt/macht das nicht ?