Kommunalwahlen in Italien: Roms erste Bürgermeisterin
Bei den Kommunalwahlen holt Virginia Raggi einen Sieg für die Fünf-Sterne-Bewegung. Der Renzi-Regierung dürfte das alles andere als gefallen.
Die PD und Renzi kann es kaum trösten, dass sie mit Mailand und Bologna zwei weitere bisher von ihr regierte Städte gegen Kandidaten aus dem rechten Berlusconi-Lager halten konnte. Denn auch in Neapel feierte mit dem bisherigen Bürgermeister Luigi de Magistris ein klar gegen Renzi aufgestellter Linker einen 67%-Triumph. Turin im Norden, Rom in der Mitte, Neapel im Süden: Gleich drei der vier größten italienischen Städte werden in Zukunft von frontal gegen den Ministerpräsidenten positionierten politischen Kräften beherrscht.
Eine „Niederlage ohne Abstriche“ gestand denn auch die PD ein, wollte deren Ursachen aber vor allem in kommunalpolitischen Motiven verortete sehen – schließlich sei Renzi selbst im Wahlkampf praktisch gar nicht präsent gewesen.
Diese Erklärung mag für Rom noch einigermaßen plausibel sein. In der Kapitale hatten die PD und ihre Vorläuferparteien seit 1993 mit nur fünfjähriger Unterbrechung regiert. Die Bilanz ist verheerend: Rom ist hoch verschuldet, während die kommunalen Betriebe von Bus und Bahn zur Müllabfuhr heruntergewirtschaftet sind. Die PD fiel vor allem durch große Korruptionsskandale auf und zwang schließlich ihren eigenen Bürgermister letztes Jahr zum Rücktritt.
Anders lagen die Dinge jedoch in Turin. Hier regierte das Lager Renzis seit 1993 ununterbrochen, mit einer insgesamt durchaus positiven Bilanz. Die frühere Autostadt, in der heute nur noch einige tausend Menschen bei FIAT arbeiten, schaffte erfolgreich den Wechsel zur Dienstleistungsmetropole. Die Verwaltung ist effizient, und auch in der Krise konnten die städtischen Sozialleistungen aufrecht erhalten werden. Dennoch jagten die Wähler den bisherigen Bürgermeister Piero Fassino, ein noch in der früheren Kommunistischen Partei großgewordenes Schlachtross, aus dem Amt.
Auch Stimmen von rechts
Schon dies zeigt die nationale Dimension des Votums vom Sonntag, wie sie auch aus den Wählerverschiebungen vom ersten zum zweiten Wahlgang deutlich wird. In Rom gewann die junge Anwältin Raggi im ersten Wahlgang 35% der Stimmen, während ihr Gegenkandidat Roberto Giachetti aus der PD auf 25% kam. In der zweiten Runde dagegen konnte die Fünf-Sterne-Kandidatin ihren Anteil mit 67% fast verdoppeln; Giachetti dagegen blieb bei 33% hängen.
In Turin dagegen hatte der PD-Mann Fassino nach der ersten Runde noch mit 42% klar vor der Managerin Appendino (32%) gelegen. Fassino konnte dann jedoch nur fast unmerklich auf 45% zulegen, während Appendino 22 Prozentpunkte hinzugewann. Dies zeigt, dass die Kandidatinnen des Movimento5Stelle (M5S) den Unmut breiter Teile der Wählerschaft – auch der von rechts – gegen die PD zu bündeln wussten.
Damit hat die strategische Ausrichtung des M5S als ideologiefreie, sich dem Rechts-Links-Schema entziehende Bürger-Protestbewegung gegen die „politische Kaste“, gegen die als korrupt und verfilzt gebrandmarkten Altparteien sich als rundum erfolgreich erwiesen. Die Tatsache, dass die Fünf Sterne zwei junge Kandidatinnen mit durchaus bürgerlichem Habitus und eher leisen Tönen ins Rennen schickte, verstärkte diesen Effekt noch.
Umgekehrt konnte die PD mi Bologna und Mailand nur dort ihre Positionen verteidigen, wo ihre Kandidaten gegen Vertreter der kriselnden Berlusconi-Rechten antraten. So fand mit der Kommunalwahl zwar einerseits die Tatsache Bestätigung, dass Italiens Politik mittlerweile mit der PD, mit der Rechten und den Fünf Sternen drei Pole hat. Andererseits wurde jedoch auch klar, dass in der unmittelbaren Zukunft das M5S der wahre Herausforderer Renzis ist. Im Oktober steht mit dem Referendum über Renzis Verfassungsreform eine nationale Abstimmung an, die zugleich zum Votum über die Regierung wird. Seit der Kommunalwahl vom Sonntag ist klar, dass Renzi diese Kampagne aus der Defensive heraus wird führen müssen.
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