Kommentar: Späte Quittung
■ Warum bei der VHS Gerechtigkeit nur nach dem Gießkannenprinzip funktioniert
Man muss die Frauen in Neuwiedenthal nicht bemitleiden. Zwar werden ihnen zwei von drei Stellen in dem erfolgreichen VHS-Projekt „Frauen lernen im Stadtteil Neuwiedenthal“ gestrichen und es wird damit ein komplettes Kursangebot in Gefahr gebracht, wenn nicht sogar gekippt. Aber so ist das nun einmal in Zeiten der Einsparung: Da müssen alle ihr Scherflein dazu beitragen, damit das Konzept „Bildung für alle“ nicht über die Wupper geht.
Bemitleiden muss man eher die Hamburger Volkshochschule. Vor gut zwei Jahren wurde bekannt, dass die Bildungseinrichtung 3,6 Millionen Mark Schulden hatte. Ein Schuldiger war damals schnell ausgemacht: Der damalige Direktor Rudolf Camerer soll alles im Alleingang verbockt haben. Die Konsolidierung folgte auf dem Fuß: Personal ist teuer, also wurden und werden weiterhin Stellen in allen Bereichen der VHS gestrichen.
Diese Kürzungen müssen natürlich gerecht aufgeteilt werden. Alle sollen sparen müssen, ungeachtet der Möglichkeiten, die an den jeweiligen Standorten geboten werden, ungeachtet der Qualität oder der Nutzung des Angebots. Denn dass das Konzept, das südlich der Elbe entwickelt wurde, gut angenommen wurde und es keine Alternative dazu gibt, stellt niemand in Frage.
So erhalten die Frauen aus dem sozial schwachen Stadtteil Neuwiedenthal heute die Quittung für die verquere Organisation und Finanzplanung der VHS: Gerechtigkeit ist bei deren Leitung offensichtlich nur nach dem Gießkannenprinzip möglich. Eberhard Spohd
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