piwik no script img

KommentarAbgeschmiert

■ Warum einige Bürokraten genau die Hilfe verbieten, die andere fordern

Klasse, die Behörden. Die bekommen zwar nicht das Drogenproblem in den Griff, aber die Broteschmierer. Denn wo es keine Helfer mehr gibt, sind auch bald keine Drogenabhängigen mehr. Wenn die jetzt am Freitagabend keine Nutellabrote mehr bekommen, wollen sie bald auch kein Heroin mehr. Klar.

An dem Beispiel „Connec-tion“ und seiner Vertreibung rund um den Hauptbahnhof offenbart sich die ganze Absurdität von Bürokratie. Okay, es darf nicht jeder einfach so irgendwelche Stände aufbauen (obwohl, warum eigentlich nicht?). Also gibt es Genehmigungen, und an die hat man sich zu halten, denn wo kämen wir denn sonst hin (vielleicht zu einem so chaotischen Stadtbild, wie es die Deutschen im Urlaub „bunt“ nennen). Aber dafür gibts ja schließlich Ferien.

Was nur völlig auf der Strecke bleibt in dieser Realsatire ist, dass es um Menschen geht. Um Drogenabhängige, die nicht deshalb aufhören, Drogen zu nehmen, weil man ihnen keine Schnitte gönnt, und weil der Senat ein „Handlungskonzept St. Georg“ hat.

Und es geht um Menschen wie die Dürings, die elf Enkelkinder haben und bestimmt keine Beschäftigungstherapie brauchen, die sich aber trotzdem jeden Freitagabend in die Kälte stellen und wildfremden Menschen Brote schmieren. Die so versuchen, vielleicht zu verstehen oder zu lindern, was mit ihren eigenen Kindern passiert ist.

Egal warum, es sind Menschen, die das machen, was Politiker immer fordern: sich ehrenamtlich engagieren. Bis ihnen Bürokraten dies gründlich und für alle Zeit austreiben.

Sandra Wilsdorf

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen