Kommentar zur Kriminalitätsstatistik: Von Fakten und Vorurteilen
Laut Statistik ist der Anteil tatverdächtiger Flüchtlinge an einigen Delikten überproportional. Sie kann dennoch zur Versachlichung der Debatte beitragen.
D er Einwurf von rechts kam wie erwartet. „Erschreckend“ sei die neue Kriminalitätsstatistik für Deutschland, wetterte die AfD. Lange habe man diese Entwicklung vorhergesehen.
Die neue Kriminalitätsstatistik birgt politischen Zündstoff, ohne Frage. Die Zahl der Gewalttaten in Deutschland steigt, die Zahl der dafür tatverdächtigen Zuwanderer auch. Das mag vorerst banal erklärbar sein: Hunderttausende Flüchtlinge kamen in den vergangenen zwei Jahren ins Land, damit steigt auch ihr Anteil unter den Straftätern. Warum also werden sie überhaupt gesondert erhoben? Ist die Stigmatisierung damit nicht vorprogrammiert?
Man muss es anders sehen: Die Statistik bietet die Chance zur Versachlichung einer überhitzten Debatte. Denn sie stellt den Instrumentalisierungen Fakten entgegen. Ja, der Anteil tatverdächtiger Flüchtlinge an einigen Delikten ist überproportional. Aber es sind vor allem Mehrfachtäter, die die Zahlen hochtreiben – auf Kosten der unbescholtenen Mehrheit. Und vielfach spielen sich die Straftaten in den Unterkünften selbst ab, sind auch die Opfer Flüchtlinge.
Es sind diese Befunde, mit denen die Politik umgehen muss. Sie sollte Flüchtlinge dezentral unterbringen, statt in Großunterkünften Konfliktherde entstehen zu lassen. Sie sollte den Asylsuchenden Perspektiven bieten, in der Gesellschaft und dem Arbeitsmarkt Fuß fassen zu können. Und, natürlich: Straftaten sollten konsequent geahndet werden – egal wer sie begeht.
Auch rechte Straftaten nehmen zu
Die Rechtspopulisten haben an diesem Blick ins Detail kein Interesse. Ihnen geht es um die Skandalisierung, sie hoffen auf politische Rendite. Würden sie genauer hinsehen, birgt der Bericht auch für sie Sprengkraft. Denn auch die Straftaten mit rechtem Hintergrund klettern wieder auf einen Höchststand. Wer dafür mit den Nährboden bereitet hat, ist klar: die Agitation von rechts. Auch die verdient ein konsequentes Kontra durch Fakten.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Prozess gegen Maja T.
Ausgeliefert in Ungarn
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
ifo-Studie zu Kriminalitätsfaktoren
Migration allein macht niemanden kriminell
Bundesregierung und Trump
Transatlantische Freundschaft ade