Kommentar zur Grundrente: Keine Rücksicht auf Berlin
Vielen Berliner Berufstätigen bringt die Grundrente nichts. Denn sie arbeiten in neuen Arbeitsformen oft ohne staatliche Rentenversicherung.
V iele Jahre gearbeitet und trotzdem kaum Geld zum Leben im Alter: Für dieses Dilemma will die Bundesregierung nun eine Lösung gefunden haben. Ab Januar 2021 soll, wer 35 Jahre in die gesetzliche Rentenkasse eingezahlt und trotzdem zu wenig Rente zum Leben hat, mehr Geld bekommen. Um den vollen Rentenaufschlag zu erhalten, darf das Monatseinkommen bei Alleinlebenden nicht über 1.250 Euro, bei Paaren nicht über 1.950 Euro liegen. Das verkündete die Bundesregierung am vergangenen Montag. Diese Grundrente genannte Rentenaufstockung soll das Problem der Altersarmut lösen. Doch für Berlin wird das nicht reichen.
Denn in der Hauptstadt wimmelt es nur so von Honorarkräften, Freelancer*innen und sogenannten Soloselbstständigen. Im europaweiten Freelance-Vergleich belegt Berlin der Online-Projektbörse Twago zufolge seit Jahren Platz eins. Und all diese sind zwar berufstätig, aber selten in den staatlichen Sozialversicherungen. Denn die meisten Freiberufler setzen lieber auf private Altersvorsorge, statt freiwillig in die gesetzliche Rentenkasse einzuzahlen.
Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer sagte am Montag, die Grundrente gebe ein klares Signal an Menschen, „die ihr Leben lang hart gearbeitet, aber trotzdem nur eine kleine Rente hätten“. Dabei setzt die Bundesregierung mit ihren 35 Jahren gesetzlichen Beitragszahlungen auf ein ziemlich altmodisches Arbeitsmodell. Der freie Journalist oder die Influencerin, die auf Honorarbasis tätigen IT-Fachleute oder Wissenschaftler*innen werden nicht von der neuen Rentenregelung profitieren – selbst wenn sie am Ende vielleicht auch 35-jährige Arbeitsbiografien haben.
Studien belegen, dass die Mehrzahl der Menschen, die von Altersarmut bedroht sind, oft weniger als 35 Beitragsjahre haben. An einer Lösung für das Problem der Altersarmut streift die Bundesregierung also nur vorbei. Ganz zu schweigen von Ehepartner*innen (statistisch gesehen mit hoher Wahrscheinlichkeit Frauen), die neben 35 schlecht bezahlten Arbeitsjahren einen Partner haben, der mehr verdient hat als sie. Ihre Arbeit wird in Zukunft auch nicht mehr gewürdigt werden als zuvor.
Und ab Januar wird für manche Berliner*innen noch ein ganz anderes Problem auftauchen: Bei Menschen, die bereits in der DDR Rentner*innen waren, gibt es laut Deutscher Rentenversicherung häufig nicht die nötigen Daten.
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