Kommentar zur CDU: Dummerweise schon wieder innovativ

Die Christdemokraten machen aus ihrem Programm für die Abgeordnetenhauswahl einen 35-minütigen Film, über den am 15. Juli ihr Landesparteitag beschließen soll.

Hat sich wieder was Neues für den CDU-Wahlkampf ausgedacht: Parteivize Thomas Heilmann (rechts)

Das wird jetzt schwierig. Vor fünf Jahren schon habe ich – ja, das muss persönlich werden – über die CDU und ihr Wahlprogramm geschrieben und festgestellt, deren Vorgehensweise sei die innovativste aller Parteien. Sie bestand darin, übers Netz auch Parteilose mitreden zu lassen und das so entstehende Wahlprogramm für 50 Cent am Kiosk zu verkaufen. Das zitierte die CDU dann mehrfach stark verkürzt: „Sogar die taz findet uns …“ Das war natürlich ein bisschen unangenehm, auch wenn die ursprüngliche Aussage nach wie vor stimmte.

Dummerweise wiederholt sich die Geschichte 2016. Denn die CDU hat dieses Mal nicht nur übers Internet mitreden lassen – sie hat auch das Ergebnis in dort zu sehende Bilder gepackt. Was die CDU in Berlin will, soll ab 15. Juli ein 35-minütiger Film zeigen, im Internet und im Kino. Kleine Einspieler gibt es auch bei anderen Parteien. Aber komplett auf Video zu gehen, das ist … grummel, grummel … erneut der stadtweit innovativste Ansatz.

Wobei das Innovative keine konservative Massenbewegung ist, sondern sich bei der CDU schon stark konzentriert: auf ihren Chefstrategen und Kampagnen-Manager Thomas Heilmann, zugleich Justizsenator, der 2011 bereits die Onlineplattform organisiert hat. Allerdings muss eine Partei auch erst mal bereit sein, so einen Quereinsteiger machen zu lassen: Heilmann kam 2009 von außen zur Berliner Union und wurde gleich einer der Vizevorsitzenden. Erstmals komplett gezeigt wird der Film beim CDU-Parteitag am 15. Juli, die Delegieren müssen ihn dort noch offiziell beschließen – wie ein Wahlprogramm eben. Und zwar nicht in einem drögen Saal, sondern im Traditionskino Delphi am Zoo.

Christdemokraten nur bei 18 Prozent

Heilmanns Logik: Nur noch 30 Prozent aller Berliner würden sich aus Zeitungen, Radio oder TV landespolititisch informieren, und auch das nur gelegentlich. Der Film im Netz, angeblich 50.000 Euro teuer, soll in diese Lücke stoßen. Die CDU-Führung mit dem innerparteilich zunehmend umstrittenen Spitzenkandidaten Frank Henkel gibt sich überraschend entspannt, als sie die Sache an diesem Mittwochmorgen vorstellt und einen 53-Sekunden-Appetizer zeigt. In den letzten vier von fünf Umfragen liegt die CDU konstant bei nur 18 Prozent.

Heilmann hat dafür natürlich auch eine Erklärung parat: Weiterhin wisse die Hälfte aller Berliner überhaupt nicht, dass am 18. September Abgeordnetenhauswahl ist. Das relativiere die Umfragewerte. Man habe zudem eine Menge für den Wahlkampf vorbereitet: „Wir glauben, selbst für taz-Leser die besten Argumente zu haben, warum man CDU wählen muss.“

Eine taz-kompatible CDU? Das wäre weniger innovativ als irritierend. Abzuklären ist das ab dem 15. Juli unter www.starkes.berlin. Foto: dpa

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