Kommentar zum Volksentscheid: Die falsche Opposition hat geredet
Natürlich würde die Opposition im Parlament den Volksentscheid gerne nutzen, um gegen den Senat zu agitieren. Doch daraus wird wohl nichts.
A n diesem Donnerstag hat im Abgeordnetenhaus die falsche Opposition geredet. Denn es sind nicht die Grünen, die Linke oder die Piraten, die gegen die Pläne von Bausenator Michael Müller (SPD) stehen. Im Kern unterstützen die drei Fraktionen den Bau von Wohnungen auf dem Feld. Müller widersprechen müssen hätte ein Mitglied der Initiative 100 % Tempelhofer Feld, auch als Vertreter jener rund 200.000 Berliner, die für den Volksentscheid unterschrieben haben.
Dass sich in der Debatte kein Redner von Grünen, Linken oder Piraten im Sinne der außerparlamentarischen Opposition geäußert hat, ist ein Novum in der Geschichte der Berliner Volksentscheide. Denn natürlich würden Erstere gerne dessen gegen die Regierung gerichtete Dynamik für sich nutzen. Doch daraus wird wohl nichts. Welcher Opposition schadet das mehr?
Die Unterstützer des freien Feldes werden es schwer haben, zu mobilisieren, weil sie anders als bei früheren Entscheiden nicht auf die Ressourcen der Oppositionsparteien hoffen können. Diese hatten etwa gegen Ende des Energie-Entscheids noch mal ordentlich dafür geworben.
Besonders die Grünen aber mit ihrem ökologischen Politikansatz stehen vor einem Glaubwürdigkeitsproblem: Erliegen sie noch der Versuchung, im Abstimmungswahlkampf präsent zu sein, und schlagen sich auf die Seite der Initiative, werden sie als Anbiederer gelten. Grenzen sie sich weiterhin von ihr ab, entfremden sie sich von einer Kernklientel, die sich bei der nächsten Wahl fragen dürfte, warum sie die Grünen noch wählen sollte. Am Ende gewinnt der Senat: bei der Abstimmung im Frühling – und der Wahl 2016.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin