Kommentar zum Oppositionssieg in Birma: Das Problem Aung San Suu Kyi
Das Militär muss seinen Willen zur Demokratie zeigen. Doch auch die autoritär geführte NLD sollte die Zivilgesellschaft mehr berücksichtigen.
Z war sind in Birma noch immer erst die Stimmen weniger Wahlbezirke ausgezählt. In diesen jedoch sind die Ergebnisse überwältigend – zugunsten der Nationalen Liga für Demokratie (NLD) von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi. Wenn nicht noch in größerem Maße manipuliert wird, wozu manche schon die schleppende Auszählung rechnen, bezweifelt niemand, dass die NLD die zur Regierungsbildung nötige Zweidrittelmehrheit der Sitze erreicht.
Von den Militärs, die das Land 60 Jahre brutal regiert haben, hat die Bevölkerung die Nase voll – auch wenn die Generäle selbst die Reform eingeleitet hatten.
Jetzt kann das Militär zeigen, wie ernst es ihm mit der Demokratie ist. Es muss die Macht abgeben. Diese gründet sich auf die von den Generälen geschriebene Verfassung, die ihnen weiterhin Schlüsselposten in der Regierung garantiert, im Parlament ein Vetorecht gibt, sie ihr Budget selbst bestimmen lässt und sogar ein ausdrückliches Putschrecht festschreibt.
Dies zu ändern ist die Konfrontation, die Birma jetzt bevorsteht. Mehr als ein Etappensieg ist die Wahl also nicht. Die eigentliche Machtprobe, bei der es zu großen Rückschlägen oder schmerzhaften Kompromissen kommen kann, steht noch aus.
Dabei hängt Aung San Suu Kyis weiterer Erfolg auch von der Stärke der Zivilgesellschaft ab. Bisher hat die Lady nichts dafür getan, demokratische Reformkräfte jenseits der von ihr autoritär geführten NLD zu stärken. Auch hat sie keine Lösungsvorschläge für die vielen Probleme des Landes gemacht. Wie sie etwa Frieden mit den ethnischen Minderheiten schließen will, ist so unklar wie ihre Wirtschaftspolitik oder ihre künftige Regierungsmannschaft.
Das in der NLD alles nur auf sie ausgerichtet ist und politische Inhalte nebulös bleiben, könnte zum Problem werden, noch bevor die Generäle endgültig entmachtet sind. Der Wahlsieg von Aung San Suu Kyis NLD ist für Birmas Fortschritt so notwendig wie allein nicht ausreichend.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung